Für Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) ist Jugendkriminalität keine Ausländerfrage, sondern hauptsächlich ein Bildungsproblem.
Hamburg. Für Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU), Vorsitzender der Innenministerkonferenz, ist Jugendkriminalität keine Ausländerfrage, sondern ein Bildungsproblem. Die konsequente Durchsetzung der Schulpflicht und das Aufgreifen von Schulschwänzern stärke bei den Jugendlichen das Bewusstsein für den Wert schulischer Bildung, sagte Ahlhaus auf der Fachtagung der Polizeihochschule zur Integration am Montag in Hamburg vor 200 Experten.
Ahlhaus sieht die Polizei als Partner der Integration. Gerade ausländische Bürger würden durch eine wirkungsvolle Polizeiarbeit vor Übergriffen geschützt. Mittlerweile habe in Hamburg fast jeder zehnte neueingestellte Polizeibeamte ausländische Wurzeln.
Mit ihrer Einstellungspraxis ist die Polizei nach den Untersuchungen von Rafael Behr, Kriminologe an der Polizeihochschule, kein „Integrationsmotor“. Die Zahl der Ablehnungen sei bei Bewerbern mit ausländischen Wurzeln höher als bei deutschen. Die meisten Polizisten mit Migrationshintergrund fühlten sich in ihrem Dienst akzeptiert und integriert. Probleme gebe es eher im privaten Bereich, so Behr. Während Frauen bei der Polizei beweisen müssten, dass sie ihr Handwerk beherrschten, müssten Polizisten mit ausländischem Hintergrund beweisen, dass sie „auf der richtigen Seite“ stünden.
Der Hamburger Integrationswissenschaftler Haci-Hamil Uslucan, neuer Leiter des Instituts für Türkei-Studien (Essen), hat dem Eindruck widersprochen, die Gewaltbereitschaft sei in traditionellen türkischen Familien besonders hoch. Studien hätten gezeigt, dass familiäre Gewalt in eingebürgerten Familien viel weiter verbreitert sei. Hier träfen moderner Lebensstil und Tradition heftiger aufeinander. Es gebe in den Studien große Übereinstimmung, dass eine stabile Eltern-Kind-Beziehung in den ersten Lebensjahren Gewaltkriminalität verhindere, so Uslucan. Türkische Kinder hätten durch Umzüge sehr viel häufiger erschütternde Brüche erlebt als deutschstämmige. Viele dieser Kinder seien heute Eltern, die ihre Unsicherheit an die eigenen Kinder weitergäben.
Die muslimischen Gemeinden leisten nach den Worten von Irmgard Schrand, Islamwissenschaftlerin im Landeskriminalamt Hamburg (LKA), einen positiven Beitrag zur Integration der Jugendlichen. Junge Männer, die sich islamistisch radikalisierten, würden sich oftmals auch in ihrer Gemeinde abspalten. Ihre Arbeitsstelle im LKA bemühe sich, den Reiz für Jugendliche am politischen Islamismus zu verstehen und Strukturen der Radikalisierung frühzeitig zu erkennen. Für einen Teil der Jugendkultur sei Osama Bin Laden ein „moderner Che Guevara“, der den Kampf gegen die Weltmacht USA aufnimmt. Junge Mädchen würden eine Burka auch deshalb tragen, um sich provozierend abzugrenzen. Dies betreffe nicht nur eingewanderte Jugendliche aus arabischen Ländern, sondern auch junge Menschen, die in Deutschland geboren sind.