Ein Kommentar von Joachim Mischke

Richard Wagner taugt nicht für Mittelwege, tragischerweise ist er als wegweisender Komponist und Musikdramatiker viel zu gut, um ihn flott als schlecht abzuurteilen. Lieben oder hassen, dazwischen geht nichts, finden wohl viele, die zu wenig über Leben, Denken und Werk wissen. Doch diese Entweder-oder-Methode macht es sich viel zu einfach. Denn Wagner war opportunistischer Großkotz und Genie zugleich, Antisemit und Revolutionär, Narziss und Arschloch. Lieben und hassen, das ist der einzig sinnvolle Zwiespalt, den man sich im Umgang mit der Musik und den Schriften Wagners aussetzen muss. Immer wieder, bis es wehtut. Die Bayreuther Festspiele sind, vielen gut verkündeten Absichten zum Trotz, nach wie vor weit von dieser aufrechten Haltung entfernt. Das beweist die Aufregung um den Umgang mit einem Sänger, der Symbole einer massenmörderischen Ideologie ausgerechnet dort ins Bewusstsein gerückt hätte, wo "USA" - "Unser seliger Adolf" (Winifred Wagner) - jahrelang vergötterter Gast der "heiligen" Familie war.

Mit all seinen Widersprüchen und Abgründen ist Wagner zu wichtig für die Seele der Kulturnation Deutschland, um seine Kunst widerstandslos rechten Spinnern oder gedankenlosen Weihrauchschwenkern zu überlassen. Wenn jetzt, kurz vor den 2013 anstehenden Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag, keine Kurskorrektur beginnt, ist die Instanz Bayreuth moralisch nicht mehr zu retten.