MyTaxi startet bundesweit neue App. Jeder fünfte Fahrer macht mit. Unternehmen sorgt für Unruhe in Hamburger Vermittlungszentralen.
Hamburg. Die Einkäufe im Supermarkt erledigen viele Kunden heute mit der EC-Karte, an der Tankstelle bezahlen sie mit Kreditkarte, und das neue Buch beim Onlinehändler wechselt ebenfalls bargeldlos den Besitzer. Bezahlen ohne Bargeld setzt sich immer mehr durch. Mit einer neuen App , einem innovativen Handy-Programm, wird in Zukunft auch das unkomplizierte Zahlen im Taxi möglich sein.
Die Hamburger Firma myTaxi bringt mit myTaxi Payment ein mobiles Bezahlsystem auf den Markt, das einen direkten Abrechnungsprozess zwischen Fahrer und Gast über beide Smartphones im Taxi ermöglicht. "Wir sind 2009 als erster Anbieter mit der mobilen Taxivermittlung gestartet. Mit der neuen App wollen wir nun wieder eine Innovation in den Markt bringen", sagte jetzt Sven Külper. Der 33-Jährige hat mit Niclaus Mewes, 33, myTaxi gegründet, eine Firma mit Sitz im Hamburger Hafen. Sie haben den Taximarkt in den vergangenen Jahren stark in Bewegung gebracht. Das Unternehmen hat sich einen Namen gemacht als Anbieter und Erfinder einer Mobilitätsplattform, mit der man Taxis bestellen kann. Die App ermöglicht es den Besitzern eines Smartphones, ein Taxi in der Nähe zu orten und zu bestellen. Der Taxifahrer zahlt für den Dienst, für den Kunden ist der Service kostenlos.
Nach Angaben von myTaxi ist heute jedes fünfte Taxi in 30 deutschen Städten für die Hamburger im Einsatz. Die App zum Bestellen eines Wagens sei 1,7 Millionen Mal heruntergeladen worden. Es gibt bereits einige Nachahmer, die ebenfalls in diesem Markt mitverdienen wollen. Mit dem mobilen Bezahlsystem reagieren die Gründer auf den Wettbewerb und wollen eine neue Zielgruppe ansprechen: "Bisher hatten wir eher nachtaktive Privatkunden, nun wenden wir uns verstärkt an tagaktive Businesskunden", sagt Sven Külper.
Als das Start-up vor drei Jahren an den Markt kam, löste die Geschäftsidee bei vielen etablierten Taxizentralen eine massive Gegenwehr aus. Schließlich lässt die Taxi-App diese Vermittler außen vor. Etliche Taxifahrer kehrten den Zentralen den Rücken, viele nutzen mittlerweile beide Vermittlungsarten, um Kunden zu gewinnen.
Einige der renommierten Taxizentralen versuchten immer wieder, myTaxi aus dem Markt zu drängen. Schließlich sind sie die Bindeglieder zwischen dem Fahrgast und dem Taxifahrer, die seit jeher Bestellungen und Kundenwünsche an die angeschlossenen Fahrer weiterleiten. So verweigerte die Zentrale Autoruf mit den Nummern 66 66 66 und 44 10 11 und rund 800 darüber gesteuerten Taxis in Hamburg gestern dem Abendblatt jegliche Stellungnahme zu neuen Formen der Taxivermittlung.
Um den neuen Konkurrenten zu schwächen, versuchten die Zentralen beispielsweise auch, Taxifahrer zwingend an sich zu binden. Doch das Oberlandesgericht Frankfurt erklärte die Zwangsbindung an eine Vermittlungszentrale für wettbewerbswidrig.
+++ Info: Wie die neue Taxi-App funktioniert +++
Mit der neuen Bezahltechnologie dürfte myTaxi erneut einen Stein ins Rollen bringen in einer Branche, die den Wettbewerber bei seiner Gründung zunächst belächelt hatte. Spätestens vor wenigen Monaten kochte die Wut bei den traditionellen Vermittlern noch einmal hoch, als sich neben dem Xing-Gründer Lars Hinrichs auch der Autokonzern Daimler mit zehn Millionen Euro Risikokapital an myTaxi beteiligte. Die längerfristige Planung sieht vor, in einem Mobilitätskonzept myTaxi und die Daimler-Carsharing-Tochter car2go miteinander zu verknüpfen. Schließlich stammt die Buchungstechnologie für car2go auch von den Entwicklern von myTaxi.
Weitaus offener gegenüber diesen Neuerungen als viele andere Taxizentralen gibt sich der Hamburger Marktführer, die Hansa Funktaxi mit der Telefonnummer 211 211 und 800 angeschlossenen Wagen. Auch dieser Anbieter hat nach eigenen Angaben schon vor Jahren eine Taxi-211-211-App eingeführt. "Täglich gehen darüber 300 bis 700 Bestellungen allein in Hamburg ein", sagt Hansa-Funktaxi-Sprecher Claus Hönig. Mit der App könnten aber auch in anderen Städten Taxis bestellt werden. "MyTaxi ist für uns nicht mehr als ein Wettbewerber - wie jede andere Taxizentrale auch", sagt Thomas Lohse, Vorstand von Funktaxi, und nennt einige Argumente für die Zentrale: Bei der Hansa Funktaxi zahle der Unternehmer einen monatlichen Beitrag von 465 Euro. "Dafür vermitteln wir über unsere Zentrale durchschnittlich rund 700 Touren pro Monat", sagt Lohse. Ein Taxifahrer zahlt nach dieser Rechnung bei Hansa Taxi 65 Cent pro Tour, eine Summe, die allerdings von einigen Taxifahrern als höher angegeben wird, wenn sie die Kosten für die Funktechnik und den Genossenschaftsbeitrag in die laufenden Kosten einkalkulieren. Bei myTaxi muss der Taxibesitzer dagegen 79 Cent für eine vermittelte Fahrt ausgeben und ein Smartphone besitzen.
+++ Teure Taxifahrt: In Hamburg kosten sieben Kilometer 17,45 Euro +++
Hansa Funktaxi wirbt für sich, dass von den Gebühren auch 90 Mitarbeiter in der Zentrale bezahlt würden. "Darüber hinaus übernehmen wir beispielsweise das Beschwerdemanagement, also falls Reklamationen von Kunden kommen", sagt Lohse. "Wir sorgen im Sinne der Kunden auch für die Qualität, also dafür, dass die Autos sauber und gepflegt sind." Die Fahrzeuge würden einmal jährlich überprüft, ob sie den aktuellen Sicherheitsstandards genügen.
Bei myTaxi dagegen sorgen die Fahrgäste für einen gewissen Qualitätsstandard: Sie bewerten die Chauffeure. Dieses Urteil in der App ist über ein Punktesystem sichtbar für alle Kunden. Damit werden die Fahrer dazu angehalten, sich beim Service anzustrengen.
Aber nicht nur mit der neuen App will myTaxi expandieren. Das Wachstum soll auch im Ausland weitergehen. Bisher ist die Firma nicht nur mit 50 Mitarbeitern in Hamburg vertreten, sondern auch mit Büros in Wien, Zürich und Barcelona präsent. Schon in wenigen Monaten will myTaxi seine Dienste auch in den USA anbieten. Zunächst in Städten wie Washington, Portland und San Diego. In diesen Orten bietet auch Daimler bereits seine car2go-Wagen an. Die Kooperation für eine neue urbane Mobilität zwischen der Hamburger Firma und dem Autokonzern wird also in Zukunft noch ausgebaut werden.