Neues Ladeverfahren soll die Containerabfertigung um 25 Prozent verkürzen und Liegezeiten verringern. Be- und Entladen soll parallel laufen.
Hamburg. Be- und Entladen eines Schiffes in einem Durchgang - diese neue Methode führt der Hamburger Hafenkonzern HHLA derzeit auf seinem modernsten Terminal in Altenwerder ein, um den Umschlag auf der bestehenden Fläche noch weiter zu erhöhen. "Wir brechen damit im Prinzip mit der uralten Tradition des Hafens, wonach ein Schiff erst entladen und dann wieder beladen wird", sagte HHLA-Vorstand Stefan Behn bei einer Präsentation der Anlage am Dienstagabend.
Eine Containerbrücke, die eine Stahlbox auf das Deck eines Schiffes setzt, kann beim Zurückfahren der Ladeeinrichtung einen anderen Container löschen. Wenn das System unter dem Fachbegriff "Dual Cycle" eingespielt sei, lasse sich die Abfertigung vor allem großer Seeschiffe um bis zu 25 Prozent verkürzen, sagte Behn: "Für die Reedereien ist die Einsparung von Liegezeiten in den Häfen ein ebenso wichtiger Faktor wie die Senkung des Brennstoffverbrauchs auf den Schiffen." Das Terminal spare obendrein durch die Rationalisierung beim Betrieb der Containerbrücken Energie. Die riesigen Spezialkräne werden mit Strom betrieben.
Die HHLA hatte das Terminal Altenwerder vor zehn Jahren eröffnet. Wegen ihres hohen Technisierungsgrades - unter anderem fahren dort automatisch gesteuerte Lastwagen - gilt die Anlage bis heute als modernster Hafenumschlagplatz für Container weltweit. Bis zum Jahr 2015 könne man den technischen Vorsprung wohl noch halten, sagte Behn. Dann nehme APM Terminals, ein Unternehmen des dänischen Schifffahrts- und Hafenkonzerns A.P. Möller-Maersk, im Rotterdamer Hafenerweiterungsgebiet Maasvlakte 2 ein noch moderneres Terminal in Betrieb.
Die HHLA, der führende Logistikkonzern im Hafen, schlägt etwa zwei Drittel der Container in der Hansestadt um. Der Gesamtumschlag in Hamburg lag im vergangenen Jahr bei rund neun Millionen Containereinheiten (TEU). Der Senat und die Hafenwirtschaft kalkulieren mit einem Mengenwachstum auf bis zu 25 Millionen TEU bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts. Insgesamt arbeiten in Hamburg vier große Containerterminals, drei der HHLA und einer des Konkurrenzunternehmens Eurogate.
Behn geht davon aus, dass die Marke von 25 Millionen TEU ohne erhebliche Flächenerweiterungen erreicht werden kann: "Unsere Terminals werden fortlaufend modernisiert, der Umschlag lässt sich dadurch noch deutlich steigern." Auch Eurogate-Manager Gunther Bonz, der Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg, sieht keinen besonderen zusätzlichen Flächenbedarf für den Containerumschlag über die bislang bekannten Erweiterungspläne hinaus, wie er kürzlich dem Abendblatt sagte. Eurogate will sein Terminal um Flächen im heutigen Petroleumhafen am Bubendey-Ufer erweitern. Die HHLA hat sich zum Ausbau des Terminals Tollerort zusätzliche Flächen am Ross-Terminal gesichert. Altenwerder soll laut Behn einen zusätzlichen Liegeplatz für Zubringerschiffe bekommen. Dessen Fläche erhält das Terminal vom benachbarten HHLA-Hansaport, auf dem Rohstoffe wie Kohle und Erze angelandet werden.
Hamburgs größtes Terminal Burchardkai, das ebenfalls die HHLA betreibt, wird mit automatisch betriebenen Container-Blocklagern modernisiert. Diese Technologie betreibt das Unternehmen bereits in Altenwerder. Das Ausbaupotenzial der vorhandenen Containerterminals hat auch Auswirkungen auf den geplanten Neubau des Central Terminals Steinwerder im mittleren Hafen. Ursprünglich war auch für diese Anlage die Nutzung als Containerterminal erwogen worden. Im Zuge des neuen Hafenentwicklungsplans diskutieren Wirtschaft und Politik mittlerweile aber vorrangig eine gemischte Nutzung, wobei dort auch Industrieunternehmen angesiedelt werden könnten. Der Bau von Steinwerder beginnt voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts.
Die Kapazität für den jährlichen Umschlag auf dem Containerterminal Altenwerder soll bis dahin von derzeit rund drei Millionen TEU auf vier Millionen TEU gesteigert werden. Dazu wird vor allem die Leistungsfähigkeit der Informationstechnologie verbessert. Die kombinierte Be- und Entladung will die Geschäftsführung des Terminals bis zum Ende des Jahres einführen. "Wir entwickeln dafür eine neue Software und optimieren sie derzeit", sagte Gerlinde John, die Leiterin der Terminalentwicklung in Altenwerder. "Wichtig ist für den Betrieb aber auch, dass wir so früh wie möglich die Daten für den Containerstau an Bord der Schiffe von den Reedereien bekommen, um unsere Abläufe entsprechend abzustimmen." Mit dem System ließen sich zahlreiche Fahrten und Bewegungen auf dem Terminal einsparen und Engpässe vermeiden. "Das hilft uns vor allem, wenn Schiffe in kurzer Zeit eine besonders große Zahl von Containern löschen und laden müssen."
Die Schiffsgrößen sind in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Auf den Fernostverbindungen etablieren sich mittlerweile Großfrachter mit 14 000 TEU Kapazität. Im September soll am Burchardkai der HHLA das erste Schiff mit 16 000 TEU Ladekapazität festmachen. Maersk will im kommenden Jahr Containerriesen mit 18 000 TEU Kapazität an den Markt bringen. Innerhalb von 48 Stunden werden auf Großschiffen mitunter 5000 Container ent- und beladen. Die Terminals stellt das vor große logistische Herausforderungen, etwa bei der Zwischenlagerung der Stahlboxen. Auch an den Schnittstellen ins Inland auf der Schiene und auf der Straße wächst der Druck.