Deutschland hat ein kleines Wunder vollbracht. Trotz Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ist die Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren stetig gesunken. In Hamburg hat sie im Juni sogar den niedrigsten Wert seit elf Jahren erreicht. Die Bundesrepublik hebt sich damit wohltuend von der Entwicklung in vielen anderen Euro-Ländern ab. Zu den Hauptgründen dafür zählen die konsequente Nutzung von Kurzarbeit sowie der robuste Export, die nicht nur vielen Firmen die Umsätze, sondern auch den Mitarbeitern die Beschäftigung gesichert haben. Viele Unternehmen haben hier richtig und weitsichtig gehandelt.
Über die Erfolge dürfen aber nicht die Schattenseiten vergessen werden, die von der OECD zu Recht an den Pranger gestellt werden. In Deutschland nehmen trotz sinkender Arbeitslosenquote die Lohnunterschiede zu. Schuld daran tragen vor allem jene Unternehmen, die zur Kostensenkung zunehmend auf günstigere Zeitarbeitskräfte und Minijobs setzen, statt sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen. Ein großes Problem stellen zudem all jene schlecht bezahlten Jobs dar, die selbst bei einer Vollzeittätigkeit nicht zur Absicherung der Lebenskosten reichen.
Die Folgen dieser Praxis sind für eine soziale Marktwirtschaft unwürdig. Immer mehr Arbeitnehmer sind auf die Hilfe der Allgemeinheit angewiesen, werden zu Bittstellern und müssen ihre Einkommen aufstocken lassen. Zahlmeister sind dabei jedoch nicht die Unternehmen, deren Bilanzen von diesen Niedriglöhnen profitieren, sondern alle Steuerzahler. Gerechtigkeit sieht anders aus. Ziel muss es sein, dass jeder vom Lohn seiner Arbeit gut leben kann.