Karl Falkenberg, EU: "Ich habe Hamburg mehrmals besucht, ebenso den Zug der Ideen, als er in Brüssel war. Mein Eindruck ist: Es gab eine Menge interessanter Aktivitäten. Dazu zählt auch der Jugendumweltgipfel, der jungen Leuten ein Forum schuf. Die Baumpflanz-Aktion hat Hamburg noch grüner gemacht und viele Leute begeistert. Als Generaldirektor Umwelt der EU-Kommission werde ich mit meinen Kollegen eine genauere Analyse machen, wenn das Jahr zu Ende ist. Wir denken auch daran, die ehemaligen Titelträger Stockholm und Hamburg nach drei bis vier Jahren zu bitten, einmal darzustellen, wie sich die Stadt weiterentwickelt hat. Denn das Umweltengagement sollte sich nicht auf das Hauptstadtjahr beschränken. Natürlich haben wir wahrgenommen, dass sich die neue Regierung zugunsten eines hochmodernen Bussystems von der Stadtbahn verabschiedete. Das ist dann kein Problem, wenn auch auf diesem Wege die umweltpolitischen Ziele erreicht werden."
Jutta Blankau, Senatorin: "Der Titel 'Umwelthauptstadt' war eine Auszeichnung vor allem für das, was Hamburg in den vergangenen Jahrzehnten im Umweltschutz erreicht hat. Hamburg ist so grün wie kaum eine Stadt vergleichbarer Größe. Mit der vom neuen Senat initiierten Aktion "Mein Baum - Meine Stadt" ist Hamburg noch grüner und lebenswerter geworden. Auch die Umwelthauptstadtdialoge haben die Interessengruppen neu zusammengeführt. Zahlreiche Verbände und Vereine tragen täglich ihren Teil zum Umweltschutz bei. Auch mit der türkischen Gemeinde sind wir ins Gespräch gekommen. Den Austausch über Umweltschutz im Alltag wollen wir noch stärker vorantreiben. Umweltschutz muss praktischen Nutzen bringen, das Geld effizient eingesetzt werden: Deswegen führen wir das modernste Bussystem Europas ein und haben PR-Aktionen wie den "autofreien Sonntag" gestoppt, stattdessen die Mobilitätskampagne "Umsteigen - ohne Trennungsschmerz" angeschoben."
Christian Maaß, GAL: "Hätte ich geahnt, welche Entscheidungen 2011 in Hamburg getroffen werden, wäre ich nicht im Traum darauf gekommen, meine Heimatstadt als Umwelthauptstadt Europas vorzuschlagen. Selten wurde einer Auszeichnung in so kurzer Zeit durch den Preisträger die Grundlage entzogen. Hamburg vollzieht 2011 eine "Energiewende" - allerdings in verkehrter Richtung: Der jüngst ausgehandelte "Energiepakt" bindet Fernwärmekunden an Vattenfall - zu überhöhten Preisen und mit schlechter CO2-Bilanz. Statt auf die Stadtbahn (wie Paris oder Barcelona) setzt man auf Busse (wie Delmenhorst oder Uelzen). Statt die Luftverschmutzung mit einer Umweltzone anzupacken, dürfen auch die größten Dreckschleudern unbegrenzt weiterfahren. Statt die Vorreiterrolle bei der Energieeffizienz auszubauen, bremst der Senat Gebäudesanierungen. Die Hamburger Bürger haben sich mit ihrem Engagement den Titel der Umwelthauptstadt verdient. Der Scholz-Senat ganz sicher nicht."
Manfred Braasch, BUND: "Die aktuelle Hamburger Regierung hat den Schwung der Auszeichnung als europäische Umwelthauptstadt nicht genutzt. Wie viele in der Stadt hatte auch ich anfänglich die Hoffnung, dass die großen umweltpolitischen Probleme wie Klimaschutz, Verkehrskollaps, Luftreinhaltung oder Artensterben endlich ernsthaft angegangen werden. Das Titeljahr geht nun zur Neige und die Umweltpolitik den Bach runter. Stadtbahn, Citymaut, Biotopverbund, Lärmschutz, Passivhausstandard - Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Und die Situation wird schlimmer, schließlich sollen der Hafen und damit der Güterverkehr unbegrenzt wachsen. Die Metropole Hamburg taugt so kaum als europäisches Vorbild, und der Zug der Ideen kommt wohl endgültig aufs Abstellgleis. Eine solche Politik wird über kurz oder lang auf die Lebensqualität der Hamburger durchschlagen. Was bleibt, ist die Hoffnung auf eine engagierte und zukunftsfähige Umweltpolitik - und zwar von unten."