Hamburg/Peking. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) startet am 12. November zur ersten großen Auslandsreise seiner Amtszeit und fliegt nach China. Asienreferent Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker fordert im Interview, dass Scholz sich in China für die Einhaltung der Menschenrechte starkmachen müsse.

Herr Delius, am Sonnabend fliegt Olaf Scholz zum ersten Mal als Hamburgs Bürgermeister nach China. Was erwarten Sie dort von ihm?

Delius: "Es gibt einerseits große Probleme in Hamburgs Partnerstadt Shanghai, Menschenrechtsverletzungen wie in fast allen anderen Städten. Das wäre natürlich ein Thema, das er ansprechen könnte. Und dann eben grundsätzlich die Bedenken gegenüber der Menschenrechtssituation in China. Ich denke, Hamburg als die wichtigste Stadt Chinas in Europa hat da eine vorzügliche Stellung, um mit solchen Einwürfen gehört zu werden. Ob er das allerdings äußern wird, da habe ich ehrlich gesagt meine Zweifel.“

Ist das eine Sache, die Herr Scholz ansprechen kann, oder muss er es aus Ihrer Sicht sogar?

Delius: "Wir fordern das schon. Wir erleben momentan auf allen Ebenen eine Verschärfung der Situation. Wenn es dort weiter eskaliert, kann das auch Probleme für Hamburg und seinen Handel mit China auslösen. Und insofern ist es durchaus weitsichtig, wenn sich Hamburger Politiker um die Stabilisierung der Entwicklung in China bemühen und nicht einfach nur auf Dialog mit der chinesischen Führung setzen.“

Denken Sie, dass Herr Scholz auf die Entwicklungen in China Einfluss nehmen kann?

Delius: "Es ist eben immer die Frage, wie ernst man den Spruch von der Freundschaft und von der Partnerschaft mit China nimmt. Es ist nur konsequent, wenn man eine gute Freundschaft unterhält, dass man dann auch kritische Themen ansprechen kann. Wir erwarten von Herrn Scholz, dass er die berechtigten Sorgen und Anliegen der Menschen hier nicht einfach unter den Tisch fallen lässt. Er ist kein Handelsvertreter der Hamburger Wirtschaft, das muss man ganz klar sagen. Natürlich hat Hamburg große Wirtschaftsinteressen mit China, aber das eine muss das andere nicht ausschließen.“

Wie schwierig wird es für Herrn Scholz, die Balance zu finden, auf der einen Seite für wirtschaftliche Beziehungen einzutreten und auf der anderen Seite auch Kritik zu üben?

Delius: "Er ist ein geschickter Politiker und wir sind davon überzeugt, dass er die richtige Sprache finden wird. Frau Merkel und Herr Westerwelle tun es ja auch, ohne dass das Auswirkungen auf das deutsch-chinesische Verhältnis hat. Insofern ist das die Frage der Verpackung und wie man es anspricht. Aber er sollte es auf jeden Fall ansprechen, nur das stetige Erinnern führt dazu, dass man sich vor Augen führt, dass es in der internationalen Staatengemeinschaft große Bedenken hinsichtlich der Situation gibt."