Staus und überfüllte Bahnen lösen Stress aus. 300 000 Menschen in Hamburg betroffen
Hamburg/Stockholm. Die Symptome sind Schlafstörungen, Erschöpfungszustände, Kopf- und Rückenschmerzen oder auch depressive Verstimmungen: Pendler werden schneller krank als Menschen ohne langen Weg zur Arbeit. Das zeigt eine neue große Studie, über die jetzt das Fachmagazin "BMC Public Health" berichtet. Besonders gefährdet sind danach Pendler, die jeden Tag in überfüllten Bahnen längere Strecken zurücklegen müssen, und Autofahrer, die häufig im Stau stehen. Allein in der Metropolregion Hamburg sind täglich etwa 300 000 Menschen zwischen ihren Wohnungen in den Außenbereichen und den Arbeitsplätzen in der City unterwegs.
Für die Untersuchung befragten Forscher der Universität Lund (Schweden) mehr als 21 000 Menschen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren. Das Ergebnis: Am fittesten sind Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen und dafür nicht länger als eine halbe Stunde benötigen. Pendler, die den öffentlichen Nahverkehr benutzen, haben umso häufiger gesundheitliche Probleme, je länger sie in Bussen und Bahnen unterwegs sind. Umgekehrt ist es bei Autofahrern. Sie fühlen sich vor allem bei kürzeren Strecken in der Stadt belastet, wo mit Staus und längeren Wartezeiten vor Ampeln zu rechnen ist.
Das Paradoxe: Viele Menschen ziehen gerade deshalb an den Stadtrand, weil sie sich dort ein gesünderes Leben versprechen. Doch erkauft wird dies mit Stress und Zeitmangel. "Wer morgens früher aus dem Haus geht und abends später zurückkehrt, hat weniger Zeit für Sport und soziale Kontakte, geht möglicherweise seltener zu ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen und nimmt sich weniger Zeit für gesunde Ernährung", sagt der Wissenschaftler Dr. Detlev Lück vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden. Hinzu komme der Kontrollverlust, wenn man einen Zug verpasst oder in einen Stau gerät. Notwendig, so Heiko Rüger, Soziologe am BiB, seien deshalb flexible Arbeitszeiten. So werde zumindest der Stress reduziert.
Hamburger Verkehrsplaner fordern, die Pendlerströme besser zu managen. "Wer im Umland großer Städte wohnt, legt im Durchschnitt 22 Kilometer zum Arbeitsplatz zurück", sagt die Wissenschaftlerin Gesa Matthes von der TU Harburg. Es müsse einen Verkehrsentwicklungsplan für die gesamte Metropolregion geben. Aus Süden und Osten pendelten immer mehr Menschen nach Hamburg, der Pendlerstrom aus Westen ebbe dagegen ab.