Mediziner und weitere Experten berieten beim 15. Fachforum der Stiftung Alsterdorf in Hamburg über die Versorgung behinderter Menschen.

Hamburg. Das Gesundheitswesen ist auf die Behandlung behinderter Menschen nicht angemessen eingestellt. Zu diesem Schluss kamen Mediziner und weitere Experten auf dem 15. Fachforum der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg. Behinderte seien oft Patienten zweiter Klasse: Vor allem das Regelversorgungssystem könne ihre besonderen Handicaps nicht ausreichend berücksichtigen, sagte Michael Seidel, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die meisten Mitarbeiter von Arztpraxen und Krankenhäusern wären bei der Behandlung von Patienten mit Behinderung einfach überfordert. Das hätte bei allen eine größere Verunsicherung und Stresseinwirkung zur Folge.

Dem medizinischen Personal mangele es oft an Kenntnissen und Handlungskompetenz. Die Kommunikation klappe weder mit den Patienten noch mit ihren Angehörigen oder Betreuern. Auch die Zeit für eine notwendige intensivere Untersuchung sei meist nicht vorhanden. Selbst die Räumlichkeiten seien nur in den wenigsten Fällen auf die Bedürfnisse Behinderter zugeschnitten. „Wir haben zwar einen Fahrstuhl, aber unsere Türen sind für Rollstühle doch zu eng,“ sagte der in Hamburg niedergelassene Internist Gerd Freytag. Ein Umbau, für dessen Kosten er selbst aufkommen müsste, sei finanziell unmöglich. Eine Änderung im ambulanten Bereich sehe er nicht, solange sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht änderten.

Verbesserungen seien dringend erforderlich, so das Ergebnis des Fachforums. Mindestens Teillösungen müssten angestrebt werden. Dazu zählten spezielle Weiterbildungen und besseres Sprachvermögen der Mediziner. Auch die Einrichtung regionaler Spezialzentren für Behinderte seien wünschenswert. Sie müssten eng mit ambulanten Einrichtungen zusammenarbeiten. Dafür gebe es bereits Ansätze, wie etwa die Einrichtungen der Ev. Stiftung Alsterdorf. Meist fehle allerdings Geld: "Wir müssen da gemeinsam mehr Druck machen“, sagte Ingrid Körner, Hamburger Senatskoordinatorin für die Gleichstellung behinderter Menschen: "Von alleine geht da gar nichts."