Manchmal dauert es etwas länger, um sich der Tragweite von politischen Entscheidungen bewusst zu werden. Die Folgen der überstürzten Energiewende aber sind längst absehbar. Anfang der Woche warnte Bayer, dass Deutschland als Produktionsstandort für die energieintensive Industrie unattraktiver werde, und drohte mit einer Verlagerung der Produktion.
Die großen Energieversorger RWE und E.on sind schon einen Schritt weiter. Beide Konzerne haben durch die Energiewende beträchtlich an Wert verloren; die einst größten europäischen Versorger werden zu Übernahmekandidaten. Während RWE sein Heil im Verkauf vieler Sparten sucht, prüft E.on den Abbau von 11 000 Stellen. Auch wenn die Verweise auf die merkelsche Energiewende und die Brennelementesteuer zum Teil auch Ausreden sind, um von eigenen Fehlern abzulenken; ein Fakt bleibt, dass ein Schlüsselbereich der deutschen Wirtschaft durch die Politik sehendes Auges in eine Notlage gebracht wird. Struktur- wie industriepolitisch ist diese Energiepolitik kurzsichtig, für die Volkswirtschaft wird sie teuer.
Denn eins ist jetzt schon klar. Das vermeintliche Jobwunder, das Lobbygruppen rund um die erneuerbaren Energien gern versprechen, steht noch aus. Der einstmals größte Solarkonzern der Welt, Q-Cells aus Bitterfeld, hat nach jüngsten "manager-magazin"-Informationen im ersten Halbjahr rund 350 Millionen Euro Verlust gemacht und baut nun weiter Hunderte Stellen ab - die Billigkonkurrenz aus Asien ist zu stark. Einiges spricht dafür, dass China der größte Profiteur der Energiewende werden könnte.