Überzeugende Lösungen gefragt. Finanztransaktionssteuer als Einnahmequelle nutzen
An den Aktienmärkten herrscht Panik. Innerhalb weniger Tage wurden weltweit Billionenwerte vernichtet. Der Zeitpunkt des Ausverkaufs mag überraschend gekommen sein, die Trendwende nach unten ist dagegen durchaus rational und begründet.
Angesichts der gigantischen Schuldenberge in Europa und den USA haben die Investoren zu Recht den Glauben in einen weiteren Aufschwung verloren. Es fehlen überzeugende Konzepte für den Schuldenabbau bei gleichzeitiger Ankurbelung der Wirtschaftskraft. Stattdessen wird eine Rezession der Vereinigten Staaten wahrscheinlicher, die im Zuge der Globalisierung auch alle Handelspartner - von China bis Deutschland - in Mitleidenschaft ziehen dürfte. Der Absturz ist auch ein Indiz, dass die schwerste Finanzmarktkrise der Nachkriegszeit noch nicht zu Ende ist.
Die Lage vieler Länder ist ein Produkt der Misswirtschaft. Insbesondere die westlichen Industrienationen haben jahrelang sorglos über ihre Verhältnisse gelebt. Geradezu rauschhaft wurde in den USA auf Pump konsumiert, unterstützt durch laxe Geldpolitik und niedrige Zinsen. Im Euro-Raum missachten Mitglieder die Maastricht-Regeln, verteilen Subventionen, statt in guten Zeiten ihre Haushalte zu konsolidieren. Dieser Schlendrian konnte nicht gut gehen - und jetzt kommt die Quittung.
Über die Jahre haben sich so milliardenschwere Staatsschulden aufgetürmt. Als Brandbeschleuniger wirkte die Finanzmarktkrise. Investmentbanker führten die Welt mit ihren riskanten Geschäften an den Abgrund. Viele systemrelevante Institute mussten mit Staatsgeldern gerettet werden, um den Kollaps des gesamten Geldmarktes zu verhindern. Und nun stehen die staatlichen Retter selbst als Hilfesuchende da - und manche sogar vor dem Ruin.
Klar ist, vollmundige Versprechen von Politikern reichen nicht, um die Märkte zu beruhigen. Zur Vertrauensbildung sind schlüssige Ideen nötig. Doch genau solche Konzepte fehlen bisher, sowohl in den USA wie auch in Europa. Ausgeglichene Haushalte lassen sich nur über Steuererhöhungen oder Ausgabensenkungen erreichen. Am wirkungsvollsten wäre eine Kombination von beidem.
Das Aufspannen von Rettungsschirmen, auf das die Euro-Staaten setzen, kann nur eine vorübergehende Lösung sein und muss an Bedingungen geknüpft sein. Der Aufkauf von Staatsanleihen angeschlagener Länder durch die Europäische Zentralbank ist dagegen nicht akzeptabel. Hiermit werden nur Anlagen von Banken abgesichert, während die EZB Gefahr läuft, selbst zu einer "Bad Bank" zu werden.
Das Tragische ist, dass die Folgen der Krise zuerst die "normalen" Bürger treffen. Jene, die nicht von den Gewinnen windiger Finanzhaie profitieren. Sie müssen bei Sparprogrammen um ihre Jobs bangen, Renten- und Sozialgeldkürzungen hinnehmen, um für die Misswirtschaft von Banken zu bezahlen, während deren Manager bereits wieder Boni kassieren.
Es ist an der Zeit, dass sich die Staaten zur Bewältigung ihrer Defizite neue Einnahmequellen erschließen - am besten in der Finanzwirtschaft selbst. Am effektivsten wäre eine international einheitliche Finanzmarkt-Transaktionssteuer, bei der jeder Handel mit Finanzprodukten steuerpflichtig wird. Es ist nicht einzusehen, warum jede Arbeitsstunde mit Lohnsteuern und jeder Warenkauf mit Mehrwertsteuern belegt wird, während der Finanzmarkt täglich Transaktionen in Billionenhöhe nahezu ohne jede Staatsabgabe erledigen kann. Schon ein kleiner Steuersatz unter einem Prozent würde weltweit Hunderte Milliarden in die Kassen spülen. Geld, das alle Nationen zur Konsolidierung nutzen könnten. Es wäre ein gerechter Beitrag der Branche für ihr eigenes Versagen und ein wichtiger Schritt aus der mitverursachten Schuldenfalle der Staaten.