Rechtsanwalt Kay Ole Johannes, 41, berät Unternehmen bei der Abwehr von Marken- und Produktpiraterie
1. Hamburger Abendblatt: Die Zahl der Produktfälschungen, die in der EU sichergestellt wurden, hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Was sind die Gründe für den rasanten Anstieg?
Kay Ole Johannes: Das hat sicherlich mit der Globalisierung zu tun. Die Möglichkeit, Produkte aus jedem Land der Welt im Internet zu bestellen, gleicht heute einem Kinderspiel. Forciert wird das Problem durch die schnelleren Lieferwege aus Fernost.
2. Was muss als Erstes geschehen, um die Produktpiraterie endlich einzudämmen?
Johannes: Die Verbraucher müssen noch mehr über die Folgen ihres Tuns aufgeklärt werden. Ihnen muss bewusst gemacht werden, dass es sich beim Erwerb von Plagiaten nicht um ein Kavaliersdelikt handelt. Wer gefälschte Markenwaren erwirbt, kann sogar sein Leben riskieren, wenn er etwa vermeintliche Medikamente einnimmt, die giftige Stoffe enthalten. Auch, dass sie Arbeitsplätze bei den Original-Herstellern gefährden, sollte deutlicher herausgestellt werden. Hersteller müssen ihre Schutzrechte natürlich auch anmelden und konsequent verteidigen.
3. Müssen die Strafen für die kriminellen Fälscherbanden oder für die Käufer der Waren verschärft werden?
Johannes: Strafen schrecken zwar prinzipiell ab, aber erreichen kann man damit in diesem Fall nicht viel. Wenn die Fälscher sich in einem asiatischen Land verstecken, sind sie für die Justiz nicht greifbar. Es handelt sich häufig um anonym agierende Unternehmen, die nicht einmal sehr klein sein müssen. Sie rechnen damit, dass man sie nicht entdeckt.
4. Aus China kommen die meisten Produktfälschungen nach Europa. Warum lassen die Chinesen das kriminelle Treiben zu?
Johannes: Die chinesische Regierung hat sich bereits bereit erklärt, das Problem einzudämmen. Denn das Land will ja auch, dass sein Know-how in anderen Staaten geschützt wird. Aber bisher war das Vorgehen noch nicht konsequent genug. Das Bewusstsein der Behörden dort für das Problem ist noch zu gering. Einige Nachahmungen sollen auch Technologielücken schließen.
5. Warum spendet man sichergestellte Schuhe oder Kleidung nicht an karitative Organisationen, statt sie zu zerstören?
Johannes: Interessant. Aber eine Vernichtungsaktion hat Symbolcharakter. Sie dient als Abschreckung.