Ein Kommentar von Björn Jensen
Wer am Sonntagmorgen die Erleichterung im Gesicht des Wladimir Klitschko sah, der konnte erahnen, welche Lasten der Triumph über David Haye von dem 35-Jährigen genommen hat. 2004, nach zwei durch verheerende Knock-outs verlorenen WM-Kämpfen in Serie, war der Schwergewichts-Boxprofi am Boden seines Sports angekommen. Dass er nun, in der Stunde seines größten Erfolgs, seinen Kritikern ein rotziges "Fresst eure Worte" entgegenschleuderte, sei ihm deshalb nicht nur verziehen, sondern sogar gegönnt.
Wladimir Klitschko hat über die vergangenen sieben Jahre nachgewiesen, dass er zu den Größten gehört, die jemals im professionellen Faustkampf ihr Geld verdienten. Seit 2004 hat er keinen Kampf mehr verloren, vor allem aber hat er sich kontinuierlich entwickelt, hat keine Herausforderung gescheut, sondern jeden Gegner akzeptiert, den ihm Weltverbände oder sein Management vorgesetzt haben. Mit dem Sieg über Haye hat er es geschafft, einen historischen Kreis zu schließen. Erstmals sind die Titel aller vier bedeutenden Weltverbände in der Hand einer Familie. Diese Leistung muss selbst der größte Klitschko-Gegner anerkennen.
Natürlich leiden die Brüder an der seit Jahren anhaltenden Schwäche der Königsklasse, die epische Schlachten in der Häufung, wie sie die Alis, Fraziers, Foremans und Tysons kämpften, verhindern. Ihnen das vorzuwerfen wäre jedoch lächerlich. Die Bedeutung ihrer Leistung wird deshalb wohl erst wirklich erfasst werden, wenn man in 30 Jahren zurückschaut und sagt: So etwas wie die Klitschkos wird es nie wieder geben.