Die europäische Reederei Costa steuert ihr Deutschland-Geschäft künftig aus der HafenCity. Hamburg wird ihr neues Kompetenzzentrum.
Hamburg. Es ist ein positives Signal für die Kreuzfahrthochburg Hamburg: Mit dem italienischen Unternehmen Costa verlegt Europas führende Kreuzfahrtreederei ihre Deutschland-Zentrale in die Hansestadt. "Es ist für uns von enormer Bedeutung, dass Costa am mittlerweile wichtigsten deutschen Kreuzfahrtstandort aktiv vor Ort vertreten ist", sagt der Geschäftsleiter des Unternehmens, Horst Jensen, dem Abendblatt. Daher habe man sich entschlossen, zum 1. Oktober alle deutschen Aktivitäten in der Hansestadt zu bündeln.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Costa sein Servicecenter mit rund 60 Mitarbeitern in der HafenCity angesiedelt. Nun werden auch noch die Bereiche Vertrieb und Marketing vom hessischen Neu-Isenburg an den Sandtorkai verlagert. Bis zum kommenden Jahr sollen rund 90 Mitarbeiter für Costa Kreuzfahrten in Hamburg tätig sein. "Unser Ziel ist es, durch die Zusammenlegung der Standorte die Unternehmensstrukturen zu vereinfachen und so die Kommunikations- und Arbeitsabläufe zu optimieren", sagt Jensen.
Daneben wird die Hansestadt auch als Abfahrtshafen für die Italiener und ihre 14 Schiffe starke Flotte immer wichtiger. Gerade erst hat die "Costa Magica" ihren Basishafen in Hamburg bezogen und geht in diesem Jahr insgesamt elfmal von der Elbe aus auf Reisen zu den Metropolen Nordeuropas. 2012 soll dann auch das Schwesterschiff "Costa Pacifica" von Hamburg aus in See stechen.
"Die infrastrukturellen Voraussetzungen Hamburgs - wie der Flughafen oder die attraktive ICE-Anbindung - sind für nationale und internationale Gäste optimal und auf einer Linie mit führenden nordischen Kreuzfahrtstandorten wie Amsterdam oder Kopenhagen", sagt Geschäftsleiter Jensen. In den kommenden Jahren seien daher auch weitere Anläufe von Costa-Schiffen in Hamburg denkbar.
"Die Verlagerung der Costa-Zentrale zeigt, dass die Hansestadt auch für internationale Kreuzfahrtreedereien eine immer größere Rolle spielt", sagt die Sprecherin des Hamburg Cruise Centers, Nadine Palatz. Im vergangenen Jahr habe sich die Zahl der Kreuzfahrtpassagiere, die der Hansestadt einen Besuch abstatteten, um fast 94 Prozent auf 246 000 erhöht. Die Zahl der Anläufe wuchs im gleichen Zeitraum um 18 Prozent.
Ein Rekord, der in diesem Jahr nochmals übertroffen werden soll. So geht das Cruise Center für 2012 von rund 300 000 Passagieren und einer Steigerung der Schiffsanläufe um knapp 15 Prozent auf 120 aus. Zu den spektakulärsten Besuchen dürfte die Stippvisite der neuen "Queen Elizabeth" von Cunard Line zählen, die am Sonntag erstmals im Hamburger Hafen festmacht. Im kommenden Jahr soll das majestätische Schiff dann sogar von der Elbe aus zu einer exklusiven Weltreise aufbrechen.
"Hamburg wird aber nicht nur zu einem immer bedeutenderen Kreuzfahrthafen, sondern auch zu einem wichtigen Kompetenzzentrum für die Branche", meint der Chef der Unternehmensberatung Seaconsult, Helge Grammerstorf. Neben Costa Deutschland haben in der Hansestadt auch die Reedereien Hapag-Lloyd Kreuzfahrten, TUI Cruises und Sea Cloud Cruises ihren Sitz. Der deutsche Marktführer Aida und die Reederei MSC seien zwar noch nicht mit eigenen Niederlassungen, dafür aber mit ihren Schiffen vertreten, so Grammerstorf. "Dazu kommen jede Menge Reiseveranstalter und Dienstleister der Kreuzfahrtbranche." Zu ihnen zählt beispielsweise die Softwareschmiede Fidelio Cruise, die maßgeschneiderte IT-Lösungen für die Urlaubsschiffe anbietet.
Aus Sicht des Experten Grammerstorf tut Hamburg gut daran, die Ansiedlung weiterer Unternehmen der Branche zu unterstützen. Allein für den deutschen Markt geht er von einem Anstieg der Passagierzahlen von derzeit rund 1,2 auf zwei Millionen jährlich im Jahr 2018 aus. "Die Reedereien bieten immer neue und individuellere Reisemöglichkeiten per Schiff an", sagt der Experte. Zudem werde eine Kreuzfahrt zunehmend auch für Menschen mit niedrigeren Einkommen erschwinglich. Eine Schiffstour werde immer mehr als besonders angenehme Form der Pauschalreise wahrgenommen.
Im Vergleich zu den USA, wo bis zu 15 Prozent der Bevölkerung schon mal eine Kreuzfahrt absolviert haben, gibt es in der Bundesrepublik jedenfalls noch erheblichen Nachholbedarf. "Insgesamt gibt es ein Potenzial von bis zu vier Millionen Kreuzfahrern in Deutschland", meist Grammerstorf.