Ein Kommentar von Matthias Gretzschel

1994 traf das Pariser Welterbe-Komitee eine Entscheidung, die für Irritationen sorgte: Erstmals kürte die Unesco damals nicht nur gotische Kirchen, mittelalterliche Burgen und durch Jahrhunderte geadelte historische Stadtkerne zum Weltkulturerbe, sondern mit der Völklinger Hütte auch ein Industriedenkmal.

Inzwischen haben Bergwerke, Verkehrs-, Verwaltungs- und Industrieanlagen mehrfach das Welterbe-Gütesiegel erhalten, denn auch hierbei kann es sich um herausragende Beispiele der Kulturgeschichte handeln. Dass die Unesco am Wochenende mit dem von Walter Gropius entworfenen Fagus-Werk im niedersächsischen Alfeld einmal mehr ein Industriedenkmal zum Welterbe erklärt hat, ist nur konsequent. Die Wahl blieb unumstritten, denn längst hat sich der Denkmalbegriff erweitert, und auch in der breiten Öffentlichkeit werden herausragende Beispiele der Industriearchitektur als Monumente akzeptiert.

Da diese Entwicklung noch relativ jung ist, sind derartige Bauten auf der Welterbe-Liste allerdings noch stark unterrepräsentiert.

Für Hamburg bietet das eine günstige Ausgangsposition, denn mit Chilehaus und Kontorhausviertel steht seit 1997 ein fast beispielloses Ensemble von wirtschaftsbezogenen Zweckbauten auf der nationalen Bewerberliste. In zwei Jahren wird die Unesco ihr Urteil darüber fällen. Die Entscheidung für das Fagus-Werk könnte ein gutes Vorzeichen sein.