Unterschiedliche Charaktere, ein gemeinsames Ziel: UKE-Chef Jörg Debatin und Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks kämpfen vereint gegen den EHEC-Erreger

Der Erreger EHEC schweißt neue Schicksalsgemeinschaften zusammen. Die prominenteste hiesige Interessengemeinschaft bildet das unwahrscheinlichste Duo, das je aus Hamburg für weltweite Einordnung und Kommentierung eines Top-Themas sorgte. An der Front des medizinischen Kampfes gegen eine furchterregende Epidemie stehen in Cornelia Prüfer-Storcks, 55, und Jörg F. Debatin, 49, zwei absolut konträre Charaktere. Tapfer halten die Gesundheitssenatorin und der Chef des Uni-Krankenhauses Eppendorf die Stellung, erklären die Seuche, warnen, beschönigen nichts.

Dabei treten sie gerne zurück vor den Hamburger Experten, die in einem wahren Forschungs-Krimi EHEC und der Quelle des Erregers auf der Spur sind. Hinter denen, die die Erkrankten mit allem Einsatz behandeln, der menschenmöglich ist. Trotz aller auch berechtigter Kritik in dieser ebenso unübersichtlichen wie beunruhigenden Lage - das Krisenmanagement von Prüfer-Storcks und Debatin ist beachtlich professionell.

Für Prüfer-Storcks (SPD) ist es nach Fukushima und der umstrittenen grünen Ampel für saubere Restaurants die nächste Herkulesaufgabe, die sie als Patienten- und Verbraucheranwältin bewältigen muss. Eigentlich war die frühere Spitzenfrau der Krankenkasse AOK einmal angetreten, die Idee einer Bürgerversicherung und eine noch genauere Versorgung der Patienten in Hamburg mit neuen Impulsen anzugehen. Die besonnene Frau aus Essen kam für viele daher als typische Doppelnamen-Ministerin aus der Abteilung angestaubte Sozialdemokratie, die nach Jahren in der zweiten Reihe den Karrieresprung auf den Chefinnensessel geschafft hat. Das ist falsch. Man täuscht sich oft in dieser Frau.

In ihm irgendwie nie. Der Ärztliche Direktor Debatin ist ein Denker, ein Redner, ein Verhandler, ein Macher. Was draufsteht, ist bei ihm drin. Die Krise um EHEC bietet ihm auch die Chance, die Leistungsfähigkeit des UKE zu demonstrieren. Vergessen sind die kleineren Aufreger um Hamburgs Renommierklinik und die größeren wie um die falsche Ärztin, die gar keine Approbation hatte und trotzdem in der Kinderklinik arbeitete. Vergessen das Chaos um den UKE-Umbau, als Ärzte ihre eigenen Stationen nicht mehr fanden und Notrufe ans eigene Haus aus dem Fahrstuhl absetzten. Debatins Ambitionen, sein Erneuerungsdrang sind schon Legende. Auch beim HSV spielt er als Aufsichtsrat gleich eine tragende Rolle. Wer eine Klinik managt, kann das auch im Fußball? Debatin ist oft mehr Kaufmann als Arzt, auch wenn genau das Ärzte nicht unbedingt sein sollen.

Debatin hat meist mit harten Bandagen verhandelt. Er verströmt wie viele Top-Mediziner aus jeder Pore Lebenskraft. Debatin hat vier Kinder, genau so viele wie Bernd Hoffmann, inzwischen geschasster Vorstand beim HSV, auch ein Eppendorfer. Mit ihm saß Debatin 90 Minuten und länger in der Stadion-Loge und schaute auf die Kicker herab.

Debatin absolvierte eine Jesuitenschule, machte ein internationales Abitur in New York. Studium, Doktor, Professor in Heidelberg, St. Gallen, Zürich, Essen, Durham (USA). Keine Zeit zum Luftholen. Es geht immer weiter. Er bekam Auszeichnungen für seine Arbeit mit Röntgengerät und Kernspintomograf. Der Mann blickt durch.

Und doch unterlief ihm ein Fauxpas in der EHEC-Kommunikation. Er sagte, es werde weitere Tote geben. Das war eine wissenschaftlich fundierte Prognose. Aber auch ein grober Fehlgriff in der Kommunikation mit Betroffenen. Patienten und Angehörige hätten mehr Empathie gebraucht. Debatin spricht oft zu den Menschen. Prüfer-Storcks dagegen spricht mit ihnen.

Sie ist keine Frau für den emotionalen Auftritt, für die große Bühne. Als sie in dieser Woche neben dem immer farbloser werdenden Ersten Bürgermeister Olaf Scholz Blut spendete, damit es während der EHEC-Krise zu keinen Engpässen kommt, sagte sie: "So viel Ruhe hatte ich schon lange nicht mehr in den letzten Tagen." Und Prüfer-Storcks wie Debatin zeigen, wie ernsthaft und mit welch professionellem Instrumentarium Hamburg diese EHEC-Killerbakterien in den Griff kriegen will. Das ist noch nicht beruhigend. Aber es ist ein Anfang.