Beim Public Viewing der Hochzeit von William und Kate in der Seniorenresidenz Alsterpark wird gelästert, begutachtet und gefeiert.
Hamburg. Um neun Uhr morgens waren die Ersten hier. Im Raum "Hanseat" der Seniorenresidenz Alsterpark in Alsterdorf. Die Tische sind mit kleinen "Union Jack"-Fähnchen dekoriert. Jetzt, um elf Uhr, sind um die 30 Damen hier. Und ein Mann. Es gibt Sekt und Kekse. "Ich hätte gerne einen Kaffee", sagt eine Bewohnerin. "Kaffee gibt's heute nicht. Es gibt Tee. Very british", sagt eine Betreuerin. Gleich neben dem Raum "Hanseat" ist der Friseursalon. Einige der Damen seien extra vor der Hochzeit vorbeigekommen, berichtet die Friseurin.
Es gibt einen riesigen Flachbildfernseher und eine Leinwand. Wie beim Public Viewing zur Fußball-WM im vergangenen Jahr, sagt Lutz Richter, der Leiter der Seniorenresidenz. Es läuft die ARD-Übertragung, die sonore Stimme von Rolf Seelmann-Eggebert vibriert durch den Raum und kündet davon, dass es noch 40 Minuten dauere, bis die Braut eintreffe. "Dann müssen wir wohl aufs Mittagessen verzichten", bemerkt eine der Damen.
Gespannt verfolgen die älteren Frauen, wie die Hochzeitsgesellschaft in der Kirche eintrifft. "Die Männer kann man mit ihren Mützen ja gar nicht erkennen", empört sich eine. Als Camilla an der Seite von Prinz Charles auf der Leinwand erscheint, sagt eine andere schnippisch: "Jetzt hat sie erreicht, was sie schon immer wollte." Camilla ist nicht allzu beliebt hier.
Kates Kleid wird mit anerkennendem Nicken gewürdigt. Als die Trauung vollzogen ist, lächeln viele im Raum. "Sehr schön ist das. Wie ein modernes Märchen", sagt Ingeborg Liu. Die 88-Jährige fühlt sich gut unterhalten. Als die Eheleute in ihrer Trauung dazu aufgefordert werden, mit allen Leuten Frieden zu halten, sagt Frau Liu: "Ja, das ist wichtig. In so unruhigen Zeiten."
Auch Edith Schneider findet das Spektakel ganz nett. Obwohl: das gelbe Outfit der Queen - damit würde sie selbst nicht herumlaufen. Einen Kritikpunkt hat sie noch. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so lange dauert. Aber wir haben ja Zeit", sagt die 84-Jährige.
Es ist 12.30 Uhr, Kate und William haben Ja gesagt - und Raum "Hanseat" leert sich - es ist Zeit fürs Mittagessen. Es gibt gedünstetes Fischfilet oder Nudelauflauf. Doch vorher greift sich Residenz-Leiter Richter ein Mikrofon und verkündet mit feierlicher Stimme: "Ich habe noch ein weiteres Highlight." Das Ehepaar Weiße hatte vor Kurzem seinen 69. Hochzeitstag. Richter hat extra eine Torte besorgt, natürlich mit einem Union Jack drauf. Die Weißes dürfen sie anschneiden - später soll es den Kuchen für alle zum Nachtisch geben. "Im April 1942, bei unserer Hochzeit, lief alles ein wenig bescheidener ab als heute. Es war Krieg, wir haben ein paar Lebensmittelmarken bekommen, für unsere Hochzeitstorte", sagt Hildegard Weiße, 89 Jahre alt. Ihr Mann Friedrich ist 99, er war vorhin der einzige männliche Zuschauer des Spektakels. Sein Rat für die Royals aus England? "Dass einer für den anderen einsteht", sagt Friedrich Weiße. So habe es auch bei ihnen geklappt. Auch wenn es manchmal ganz schön gekracht habe.