Eine der fürchterlichsten Tatserien der jüngeren deutschen Geschichte ist aufgeklärt. Fast zehn Jahre arbeitete die Soko “Dennis“ an der Aufklärung.
Verden. Fast zehn Jahre arbeitete die "Soko Dennis" Hinweis um Hinweis, Spur um Spur ab, ohne dass der Mann mit der Maske enttarnt werden konnte. Die Gedächtnisleistung eines der Opfer war es schließlich, die den entscheidenden Durchbruch brachte und zur Festnahme von Martin N. führte. Erleichtert sei er, sagte der aktuelle Soko-Chef Martin Erftenbeck am Freitag im Sitzungssaal des Verdener Kreistages. Wie wohl alle Opfer, die die Begegnung mit dem Täter überlebt haben. Und wie die Angehörigen der toten Jungen.
Die Ermittler verkündeten nicht weniger als das Ende einer der furchtbarsten Tatserien der deutschen Kriminalgeschichte. Mindestens seit 1992 hatte der Täter immer wieder Jungen missbraucht. In Schullandheimen, Zeltlagern, in Jugendherbergen, in einem Internat und in Wohnhäusern hatte der "Maskenmann" seine Opfer erniedrigt und sexuell ausgebeutet. Stefan J., damals 13, Dennis R., 8, und Dennis K., 9, kamen durch die Hände des mittlerweile 40-Jährigen ums Leben, mindestens 40 Kinder missbrauchte er sexuell.
Im Februar 2011 waren die Ermittler einmal mehr an die Öffentlichkeit gegangen. Mit dem Bild eines dicklichen Mannes in einem Opel Omega hatten sie versucht, den Täter im Bewusstsein der Bürger und möglicher Zeugen "zu entmonstern", wie Verdens Polizeichef Uwe Jordan es nannte. Den Hinweis auf den Opel hatte ein Jogger gegeben, der in der Nähe eines der Tatorte ein solches Auto gesehen hatte. Die Spur zu dem Wagen erwies sich als kalt. Doch die öffentliche Fahndung weckte Erinnerungen bei einem Mann, der 1995 als Zehnjähriger im Haus seiner Eltern überfallen und missbraucht worden war. Die Tat hatte er der Polizei vor längerer Zeit geschildert. Jetzt erinnerte er sich daran, dass er vor dem Überfall in einem Schullandheim gewesen war. Dort hatte einer der Betreuer ihn auffällig nach der Adresse befragt. Der Mann, das ermittelten die Fahnder mit wenigen Telefonaten, war Martin N. aus der Jägerstraße. Die Ermittler informierten die Hamburger Kollegen, verabredeten einen Festnahme-Zeitpunkt. Der 40-Jährige, den sie verhafteten, passt genau in das Bild, das sie sich über Jahre von ihm gemacht hatten: Er ist angepasst, intelligent, unauffällig.
"Die Anklage wird wohl noch umfangreicher als der Haftbefehl", glaubt der Stader Staatsanwalt Kai Thomas Breas. Heißt: Die Arbeit der Soko ist nicht zu Ende. Die Ermittler wollen das Leben des Martin N. nachzeichnen, um mögliche weitere Fälle zu klären. Auch die Morde an Nicky V. in den Niederlanden und Jonathan C. in Frankreich.