Wie die Vision der totalen Selbstversorgung wahr werden könnte
Winterhude. Mit einem prüfenden Blick klopft Thomas Dittert auf die Fassade eines Rohbaus. Gut 20 Zentimeter dick ist die äußere Schicht, die das Wohngebäude umhüllt: "Ein Passivhaus, das seinen Heizenergiebedarf auf gut zehn Prozent eines normalen Hauses begrenzen kann", sagt der Architekt, der sich mit der Kollegin Christine Reumschüssel auf solche Energiespargebäude spezialisiert hat. Für die Expo 2010 in Shanghai entwarfen sie mit einem weiteren Büro das Hamburg-Haus, das neue Wege beim Einsparen von Energie aufzeigen sollte - eine wesentliche Voraussetzung für eine autarke Versorgung.
Doch völlig autark, ein Haus, in dem komplett mit selbst produzierter und regenerativer Energie geheizt und eigener Strom produziert wird - das ist meist noch eine Vision. "Das mag es irgendwo auf dem Land geben, für eine echte bundesweite Energiewende müsste es aber auch in der Stadt funktionieren", sagt Architektin Reumschüssel. Selbst der Vorreiter in Sachen Zukunftsbauten, die Internationale Bauausstellung (IBA) in Wilhelmsburg, ist in ihrem futuristischen Verwaltungsbau IBA-Dock nicht völlig autark. Heizung und Warmwasser werden dort regenerativ mithilfe des Elbwassers erzeugt. Eine Solaranlage auf dem Dach liefert Strom - doch nur so viel, wie für die Wärmepumpe des Heiz- und Klimasystems benötigt wird. Der Strom für die Computer und das Licht kommt wie überall aus der Steckdose.
Doch es gibt einen Weg hin zur Autarkie, sagen die beiden Architekten. Ihr Büro tüftelt dazu gerade an Lösungen, bei denen kleinere Windkraftanlagen erstmals mitten in Hamburg zum Einsatz kommen könnten. Das Problem dabei: Windmast-Rotoren müssen zehn Meter über die vorhandene Bebauung ragen, um nicht durch Verwirbelungen gestört zu werden.
Die Wind-Idee der beiden Architekten hat zudem einen aktuellen Hintergrund: Gerade bei Altbauten ließe sich sehr viel Energie durch Wärmedämmung sparen: Doch gegen das "Einpacken" historischer Bauten regt sich oft Widerstand, und auch den beiden Energie-Experten ist die Vorstellung gruselig, wenn Gründerzeitbauten hinter einer Dämm-Tapete verschwinden. Ihre Idee: Man müsste Altbauten technisch sanieren, aber eben nicht radikal. Quasi als theoretischer Ersatz für die Energiemenge, die durch Verzicht auf letzte Maßnahmen nicht eingespart werden kann, wird Strom und damit Energie direkt beim Gebäude erzeugt - eben durch Wind oder Sonne.