Die Urabstimmung über Streiks ist gelaufen. Schon übermorgen könnte es zu Arbeitsniederlegungen kommen, auch im Norden und in Hamburg.

Frankfurt. Bei der Urabstimmung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat sich eine große Mehrheit für unbefristete Streiks ausgesprochen. Insgesamt stimmten über 92 Prozent der GDL-Mitglieder bei der Deutschen Bahn und 96 Prozent der GDL-Mitglieder bei den Konkurrenten für einen Arbeitskampf, teilte die GDL am Montag in Frankfurt mit. Die Gewerkschaft will einheitliche Tarifbedingungen für rund 26 000 Lokführer auf dem Niveau der Deutschen Bahn (DB) durchsetzen. In den vergangenen zwei Wochen hatte sie ihre Forderung mit drei Warnstreiks unterstrichen.

Fahrgäste dürfen sich also wohl schon einmal auf Zugausfälle, Verspätungen, verpasste Anschlüsse und jede Menge Wartezeiten einrichten. Einen Vorgeschmack gab es bereits an drei Tagen innerhalb der vergangenen zwei Wochen. Warnstreiks der Lokführer führten in ganz Deutschland zu teils erheblichen Beeinträchtigungen des Zugverkehrs.

GDL will Güterverkehr stärker in die Streiks einbeziehen

Künftig will die GDL ihre Strategie ändern. „Wir ziehen den Güterverkehr stärker in die Arbeitskampfmaßnahmen ein, werden aber auch nicht darauf verzichten können, den Personenverkehr weiterhin ein Stück weit zu bestreiken“, sagte Claus Weselsky, der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Auch die Wirtschaft dürfte also stärker in Mitleidenschaft gezogen werden.

Weiter hieß es von der GDL gegenüber dem Abendblatt, dass es am Mittwoch losegehen könne, dass Streiks auch im Norden und in Hamburg nicht auszuschließen seien, aber Details (noch) nicht bekannt gegeben würden.

Mit der Wirkung auf die Produktion in verschiedenen Bereichen gehe die GDL verantwortungsvoll um, sagte Weselsky. Die Lokführer bestreikten in erster Linie die Deutsche Bahn und die Arbeitgeber bei den anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Das Ziel ist seit Sommer 2010 das gleiche: einheitliche Löhne und Gehälter für alle 26.000 Lokführer in Deutschland, egal ob sie Fern-, Nah- oder Güterzüge fahren. In einem Flächentarifvertrag soll ein Entgelt festgeschrieben werden, das bei 105 Prozent des DB-Niveaus liegt.

Situation ist festgefahren

Doch die Situation scheint festgefahren. Nach dem jüngsten Warnstreik am Freitag, der nach Angaben der GDL zu Verspätungen und Ausfällen von 75 Prozent der Personenzüge führte, warfen Arbeitgeber und Gewerkschaft sich gegenseitig Provokationen und Falschinformation vor. Die sechs großen Privatbahnen beendeten ihre Verhandlungsgemeinschaft. Und die Deutsche Bahn sieht eigentlich nicht sich, sondern die GDL am Zug. Sie habe einen Vorschlag gemacht. Es sei Zeit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Danach sieht es allerdings nicht aus. „Ich sehe uns momentan nicht im Zustand einer Schlichtung“, sagte Weselsky mit Blick auf ein Vermittlungsangebot des SPD-Politikers Peter Struck. Dieser hatte im Januar als Schlichter zwischen der Deutschen Bahn und den sechs Privatbahnen sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) den Abschluss eines Branchentarifvertrags vermittelt und wäre nun zu einer weiteren Runde mit der GDL bereit.

Struck spricht von gewerkschaftstaktischen Kämpfen

Dazu müsse diese das Angebot der Arbeitgeber annehmen, sich an einen Tisch zu setzen, sagte Stuck dem „Tagesspiegel“ (Montagausgabe). Er warf der GDL gewerkschaftstaktische Kämpfe vor. Weselsky wolle beweisen, dass er mehr herausholen könne als die EVG. Deren Vorsitzender meinte, die GDL wolle mehr Mitglieder gewinnen. Weselsky bezeichnete dagegen den von der EVG erzielten Abschluss als problematisch für „unsere Mitglieder“ und sprach etwa von niedrigeren Einkommen und schlechteren Arbeitszeiten.

Der GDL-Vorsitzende machte seine Position deutlich: „Wir haben gescheiterte Verhandlungen. Solange die Arbeitgeberseite keine veränderten Angebote macht, werden wir auch nicht von den Arbeitskämpfen ablassen.“ Der Tarifkonflikt nimmt weiter Fahrt auf.