Teil 1: von Billstedt, Wilhelmsburg, Mitte bis nach Altona, die Top-Kandidaten und wichtigsten Fragen der Wahlkreise 1, 2 und 3.
1. Hamburg-Mitte: Im Brennpunkt steht die Stadtentwicklung
Hamburg. Der Wahlkreis 1 ist der spannendste. Keiner ist so unterschiedlich strukturiert, keiner hat so bekannte Quartiere, keiner hat so radikale Neuerungen: Da sind im Wallring-Kern die Stadtteile Alt- und Neustadt, daneben die bunten Quartiere St. Pauli und St. Georg und natürlich der künstlich geschaffene Stadtteil HafenCity. Hinzu kommen die Wohn- und Gewerbestandorte Hammerbrook, Borgfelde, Hamm und Horn - und die zum Bezirk Mitte gehörende Elbinsel Neuwerk mit 33 Wahlberechtigten. Im Wahlkreis Mitte finden sich mit mehr als 51 000 die meisten Singlehaushalte. Der Wohnungsbau ist eines der großen Themen, denn die Politik versucht seit Jahren (nicht wirklich erfolgreich) Wohnungen in der Innenstadt zu schaffen. So wird versucht, Büros in Wohnungen umzuwandeln. Das alles findet bundesweite Beachtung, denn Hamburg will mit dem (bisher kaum erfolgten) Zusammenwachsen von alter Innenstadt und der neuen Innenstadt - der Hafen- City - eine völlig neue Mitte oder ein neues Zentrum schaffen. Dazu gibt es sogar von der Stadtentwicklungsbehörde ein frisches, dickes Innenstadtkonzept. Auch das andere große Thema betrifft direkt die Bevölkerung: Im Wahlkreis Mitte sollen große Gebiete unter den Schutz der sozialen Erhaltensverordnung fallen. Damit soll Wohnraum geschützt und der Gentrifizierung vorgebaut werden. Schließlich liegt hier auch das Hamburger Vorzeigequartier Gängeviertel, wo eine Initiative der Stadt gezeigt hat, dass es auch anders als nur mit Abriss und neuen Glas-Stahlbauten geht.
2. Wilhelmsburg, Billstedt, Finkenwerder: Der Problemkreis
Wer auch immer sich die 17 Hamburger Wahlkreisgrenzen überlegt hat, bei diesem Wahlkreis 2 dürfte ein Hintergedanke eine Rolle gespielt haben: Mal gucken, wie wohl in sozialen Brennpunkten gewählt wird? Billstedt, Wilhelmsburg, die Veddel und Rothenburgsort: alle Stadtteile, die gern mal mit Armut und Integrations- Problemen in Verbindung gebracht werden, sind hier vereint. Auch wenn verkannt wird, dass es gerade in Wilhelmsburg und Billstedt auch große, ruhige Wohngebiete gibt. Und dass die eher kleine, aber selbstbewusste Insel Finkenwerder in dieser Konstellation - statistisch gesehen - untergeht. Und in der Tat: Nur ein Blick ins Archiv unter dem Stichwort Billstedt beispielsweise bringt allein für die vergangenen Tage etliche Negativschlagzeilen: Ein Schießerei vor einer Kneipe hier, prügelnde Jugendliche dort. Und auch die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Mit fast 30 Prozent liegt in keinem anderen Wahlkreis der Ausländeranteil höher. Interessant eine weitere Zahl. Der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund beträgt hier sogar 48,9 Prozent - also fast die Hälfte. Auch die Zahl der Haushalte mit Kindern ist mit 22,9 Prozent eine der höchsten in Hamburg. Das alles zusammen zeigt, wo hier für den künftigen Senat ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegen dürfte: Integrationsarbeit und Bildung. Auch wenn etwa wie in Wilhelmsburg mit den städtischen Straßenplänen für Hafenquerspange und Verlegung der Reichsstraße auch einige konkrete Projekte anstehen, die vor Ort auf massivsten Widerstand stoßen.
3. Altona: Der Kampf um die Neue Mitte ist bereits eröffnet
Wenn jemand auf einer heißen Herdplatte sitzt und seine Füße in einen Eimer mit eiskaltem Wasser stellt - dann geht es ihm statistisch gesehen ganz gut. Und so muss man auch die statistischen Daten für den Wahlkreis 3 Altona interpretieren: Stadtteile wie Altona-Nord und Groß Flottbek sind da zusammengefasst. Und zwei ganz verschieden Quartiere ergeben eben statistischen Durchschnitt. Dennoch dürfte klar sein, dass dieser Wahlkreis kein ruhiger sein wird für den neuen Senat. Größter Streitpunkt wird die Planung der Neuen Mitte Altona im Gleisbogen sein. Eine politisch höchst aufgeschlossene Bevölkerung drängt hier auf Beteiligung bei der Planung. Immerhin geht es mit 2000 und mehr neuen Wohnungen um das zweitgrößte Stadtentwicklungsprojekt nach der HafenCity in Hamburg. Und es geht um eine verzwickte Interessensgemengelage: Eigentümer der Flächen wie die Holsten AG dürften starkes Interesse an einer hoch wirtschaftlichen Verwertung haben. Bisher bedeutet dies den Bau von teuren Eigentumswohnungen und nicht gerade den Bau von günstigen Wohnungen, die hier eigentlich benötigt werden. Doch wie soll das bewerkstelligt werden, zumal auch die Parteien teilweise widersprüchliche Anforderungen aufstellen? So will die GAL einen "vorbildlich" hohen Klimaschutz- Standard für die neuen Gebäude, will aber gleichzeitig auch - wie alle - bezahlbare Wohnungen. Beides aber, so sagen Bauexperten, geht nicht. Denn ein hoher Öko-Standard beim Bauen bedeute auch einen hohen Preis-Standard.