Die Energieversorgung steht vor einem fundamentalen Umbau. Der Ausbau der erneuerbaren Energien bedarf umfangreicher Investitionen, sowohl in die Anlagen als auch in Netze. Um die hohen Anteile von erneuerbaren Energien an der Energieversorgung in Deutschland auch in Europa erreichen zu können, muss der Europäische Stromnetzverbund deutlich ausgebaut werden, um den Lastausgleich zu optimieren, aber auch um Effizienzpotenziale auszuschöpfen. Die EU-Kommission schätzt die Investitionen in Stromnetze auf mindestens 200 Milliarden Euro, nur die Hälfte dieser Investitionen wird vom Markt direkt zu leisten sein. Die jüngst veröffentlichte Dena (Deutsche Energieagentur) Netzstudie II geht von einem Zubau von Leitungen in einer Größenordnung von 3600 Kilometern allein in Deutschland aus, die Investitionssumme würde bis zu zehn Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren umfassen. Ob dies in dem Umfang wirklich notwendig sein wird, hängt entscheidend von der effizienten Planung und dem Einsatz innovativer Techniken ab.
Insbesondere der Ausbau der Stromnetze ist eine Schlüsselkomponente. Die Frage ist: Wer investiert in die Energiemärkte? Können dies nur Großkonzerne leisten? Solche Unternehmen, die Kraftwerke samt Infrastruktur finanzieren, sind derzeit in nahezu allen europäischen Großprojekten zum Ausbau der erneuerbaren Energien zu finden.
Der Anlagenbau von erneuerbaren Energien in Deutschland hingegen wurde in der Vergangenheit weitgehend von mittelständischen Firmen, auch von Stadtwerken und kleineren Unternehmensverbünden betrieben, die dank der Förderung finanzielle Sicherheit bekommen haben. Nahezu schleichend haben sich parallel vier große Unternehmen formiert, die den Großteil des Stroms aus Großkraftwerken produzieren. Ihnen gehör(t)en aber ebenso die Stromnetze.
Spät hat man erkannt, dass der mangelnde Wettbewerb in der Stromproduktion und die Kraftwerksstruktur den Wettbewerb und vor allem den Netzausbau behindert haben. Ebenso spät - nämlich erst knapp zehn Jahre nach Öffnung des Marktes - hat man in Deutschland eine Regulierungsbehörde eingerichtet, die insbesondere über die Netzentgelte wacht. Sie hat zu wenig Kompetenzen, um nicht nur die finanziellen Anreize zu regulieren, sondern ebenso Transparenz über Netzzustand und -status zu schaffen, um die Planungen besser steuern zu können. Der allzu dringende Netzausbau erfolgt aus zwei wesentlichen Gründen nicht im notwendigen Umfang: zu wenig Wettbewerb (Transparenz) sowie nicht ausreichende und ineffektive Regulierung. Dies muss sich ändern, wenn man die Ausbauziele erreichen will. Viele Kommunen überlegen, Teile der Netze zurückzukaufen. Wichtig ist vor allem, dass der Wettbewerb durch das sukzessive Aufbrechen der derzeitigen Marktstrukturen gestärkt wird. Sicher wird nicht jede Kommune aufgrund finanzieller Restriktionen auch im Energiemarkt tätig werden wollen - und auch nicht müssen. Auch andere als die herkömmlichen Energieanbieter würden den Wettbewerb insbesondere im Stromnetz deutlich stärken.
Die notwendigen Anreize für Investitionen werden über Anpassungen der Netzentgelte durch die Netzagentur vorgenommen werden müssen. Ähnlich wie bei der EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) macht es Sinn, diese Umlage gleichmäßig für ganz Deutschland anzupassen. Verstärkter Wettbewerb würde dazu führen, dass die Strompreise aufgrund der zusätzlichen Investitionen nicht über Gebühr steigen würden. Die weiterhin steigende EEG-Umlage und gestiegene Netzentgelte könnten durch preissenkende Effekte kompensiert werden.
Der Strompreis an der Börse war in den letzten zwei Jahren sehr niedrig. Das hätte den Strompreis eigentlich vermindern müssen. Zumindest gäbe es somit Preissenkungspotenziale und die derzeitigen Umlagesteigerungen für erneuerbare Energien hätten nicht in vollem Umfang weitergegeben werden dürfen. Dies ist ein weiterer Indikator für nicht ausreichenden Wettbewerb.
Auch eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken könnte preisstabilisierend wirken, aber nur, wenn in der Stromproduktion der Wettbewerb gestärkt würde. So könnte man die mit der Laufzeitverlängerung gewonnenen Strommengen auf andere Energieanbieter übertragen. Die Brücke zum Ausbau der erneuerbaren Energien sind Gaskraftwerke, die prädestiniert sind, insbesondere von Kommunen und Regionen in Kombination mit erneuerbaren Energien eingesetzt zu werden. Wichtig erscheint es, dass sehr viel genauer darauf geachtet wird, dass der Wettbewerb bei der Stromproduktion und beim Netzausbau gestärkt wird. Die Regierung sollte der Bundesnetzagentur mehr Kompetenzen zur Planung und Überwachung des Stromnetzes übertragen. Nur so kann der massive Ausbau der Netze effizient gelingen.