Erst Berlin, dann der Bund? Die Grünen haben es in der Hand
Die Entscheidung von Renate Künast, in Berlin den ewigen Regierenden Wowereit herauszufordern, markiert eine weitere Etappe auf dem Weg der Grünen zur Volkspartei. In Baden-Württemberg können sie schon im Frühjahr den Ministerpräsidenten stellen, wenn der CDU das Kunststück misslingt, im Kampf um Stuttgart 21 die Stimmung zu drehen. Und mit Künast als Kandidatin haben sie die Chance, vor dem nächsten Jahreswechsel in einem zweiten Bundesland die Regierung zu führen.
Umfragen, nach denen die Grünen die 20-Prozent-Marke hinter sich gelassen haben, beflügeln Träume von der Kanzlerpartei. Die Zeiten sind günstiger denn je: Die einstige Protestpartei ist tief ins bürgerliche Lager eingedrungen. Und das Bürgertum entdeckt den Protest, etwa gegen das Stuttgarter Bahnprojekt. Die nächsten Monate entscheiden über die Regierungsreife der Grünen im Bund. Zweierlei würde ihre Glaubwürdigkeit stärken. Inhaltlich eine Relativierung ihres Nürnberger Programms, das unreflektiert gewerkschaftliche Positionen übernimmt. Und strategisch eine Absage an eine Koalition mit der Linkspartei, solange die sich in der Außen- wie auch in der Sozialpolitik jenseits des Verantwortbaren bewegt.