Eine Glosse von Nico Binde
Adam Opel behauptete einmal, dass "bei keiner anderen Erfindung das Nützliche mit dem Angenehmen so innig verbunden ist wie beim Fahrrad." Jan Ullrich dürfte darüber nur müde lächeln. Denn 1997, als ihn Udo Bölts mit den herzlichen Worten "Quäl dich, du Sau!" durch die Vogesen brüllte, war überhaupt nichts angenehm, was zeigt: Radfahren ist Interpretationssache. Vor allem auf Hamburger Radwegen.
Dabei ist der Stadtrad-Entleiher noch harmlos, weil er das Zweirad als Mittel zum Zweck begreift und Fahrer oftmals unprätentiöse Touristen sind. Oder Hamburger, die dafür gehalten werden wollen. Sie spielen in einer Liga mit Hollandrad-Piloten, die Windkanal-Empfehlungen konsequent ignorieren und mit aufrechter Sitzhaltung signalisieren: Bei mir ist alles senkrecht, das Leben ist schön.
Dagegen heischt der Trecking-Radler ständig nach Anerkennung. Oder warum sonst sollten gleich beide Familienvater-Hosenbeine in Augenkrebs erzeugenden Farben abgeklemmt und vor Kettenöl geschützt werden? Eben. An Geltungssucht werden sie eigentlich nur vom belehrenden, moralinsauren Liegeradfahrer übertroffen. Gern klingeln diese horizontal gebetteten Studienräte alles aus dem Weg, was ihrer eingebauten Individualität widerspricht. Nachts wiederum gurken sie - wie schon beobachtet - ohne Licht verkehrt herum durch Einbahnstraßen. BMXer sind da entspannter. Hose und Hintern pflegen zwar nur losen Kontakt, aber sie grüßen freundlich beim Überholen: "Der Stützrad-Streifen ist da drüben."