Ich hatte einen Fehler gemacht, das war klar. Einen schlimmen Fehler sogar, als ich im April 2007 den Auftrag annahm, vom Bob-Dylan-Konzert in der Color-Line-Arena zu berichten. Nicht wegen Bob Dylan, der war und ist okay, sondern weil parallel in der AOL-Arena das Regionalliga-Derby zwischen meinem FC St. Pauli und der zweiten Mannschaft des HSV angepfiffen wurde - Terminkollision dank kurzfristiger Spiel-Terminierung.
Und so saß ich dann in der S-Bahn Richtung Stellingen, spürte, wie sich mein Puls mit jeder Minute beschleunigte, und musste doch in die falsche Richtung abbiegen. Während nur einen Freistoß entfernt 18 000 St.-Pauli-Fans unter den 24 000 Zuschauern die Braun-Weißen nach vorne peitschten, lauschte ich der Nölstimme des Amerikaners und fühlte mich so richtig fehl am Platz. Trotz "Like A Rolling Stone" und "It Ain't Me, Babe". Auf Zwischenstände per SMS, die Freunde angeboten hatten, verzichtete ich. Jedes gemeldete HSV-Tor hätte mein Unglück nur verstärkt, aber jedes St.-Pauli-Tor auch - schließlich wäre es in meiner Abwesenheit gefallen.
Als ich nach knapp zwei Stunden die Halle endlich verlassen konnte, war auch das Spiel vorbei und, wie ich mit klopfendem Herzen erfragte, 0:0 ausgegangen. Ein bisschen tröstend, wenigstens war mir kein Sieg durch die Lappen gegangen. Und doch schwor ich mir an diesem kühlen Frühlingsabend, nie wieder so fahrlässig zu sein. Weshalb ich nach Bekanntgabe des aktuellen Spielplans vorsorglich für alle möglichen Derby-Termine Urlaub eingereicht habe.
Bis zum Hamburger Derby beschreiben Abendblatt-Redakteure ihr ganz persönliches Derby-Erlebnis. Holger True ist Kultur-Redakteur.