Senatorin Hajduk sieht “tolle Zukunft“. Erste Häuser sollen bis Ende 2011 saniert sein
Hamburg. Das ist ein großer Erfolg für die Künstler: Unmittelbar von dem ersten Jubiläum der Gängeviertel-Besetzung hat Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) gegenüber dem Abendblatt angekündigt, dass die Stadt "einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag" für die Sanierung bereitstellen werde. Die Planungen und Verhandlungen über die künftige Nutzung des historischen Areals im Herzen der City stünden kurz vor der Vollendung: "Im September wollen wir zum Abschluss kommen, damit wir Ende Oktober eine Senatsentscheidung über das neue Entwicklungskonzept herbeiführen können. Dann hätten wir binnen eines Jahres eine Neukonzeptionierung für das Gängeviertel geschaffen."
Die grüne Senatorin, die im Laufe der vergangenen Monate immer wieder mit der Künstler-Initiative "Komm in die Gänge" verhandelt hatte, sieht sich auch mit dem Koalitionspartner CDU einig. Der Senat stehe voll und ganz hinter dem Vorschlag, "wie wir mit dem Gängeviertel umgehen. Da brauche ich nicht zu kämpfen." Zur weiteren Zeitplanung erklärte Hajduk: "Ende 2011 sollen die ersten Häuser durch sein. Insgesamt dauert die Sanierung voraussichtlich vier Jahre."
Christine Ebeling, Sprecherin von "Komm in die Gänge", erklärte in dem Abendblatt-Doppelinterview, dass das Senatskonzept mehr beinhalte als die Ansiedlung von Künstlern und die Schaffung günstigen Wohnraums: "Wir wollen hier auch Kleingewerbe ermöglichen, Raum für soziale Projekte schaffen. In unserem Herzstück sollen Räume zur temporären Nutzung allen offenstehen, ob Schulen oder Theaterprojekte, ob Workshops oder Seminare."
An diesem Wochenende wird der Jahrestag der Besetzung mit einem umfangreichen Programm gefeiert. Das historische Quartier zwischen Gänsemarkt und Johannes-Brahms-Platz war im vergangenen August von Künstlern besetzt worden, um den geplanten Verkauf an einen holländischen Investor zu verhindern. Prominenter Schirmherr der Aktion war der Hamburger Künstler Daniel Richter.
In der Folge dieses kreativ organisierten Protests entwickelte sich in Hamburg eine - nicht zuletzt für die Politik überraschende - intensive Debatte über Perspektiven der Stadtentwicklung. Die Proteste und ihre Unterstützung durch die Hamburger Bevölkerung machten bundesweit Schlagzeilen und sorgten schließlich dafür, dass der Senat Ende 2009 den Verkauf des Areals rückgängig machte und den Investor Hanzevast auszahlte. Hajduk sagte dazu, die Vorgeschichte der Gängeviertel-Besetzung sei "kein Ruhmesblatt" gewesen. "Aber die jüngste Geschichte ist ein gutes Signal für eine tolle Zukunft."
Zu den weitreichenden Folgen zählt auch, dass sich die Stadt von der Maxime verabschiedete, beim Verkauf von Gründstücken das höchste Gebot dem besten Konzept vorzuziehen. Außerdem gab die Debatte den Anstoß für ein Umdenken in Sachen HafenCity. Dort soll der Oberhafen zum Kultur- und Kreativquartier entwickelt werden.
Zu diesem Erfolg des Bürgerprotests und seinen Konsequenzen sagte Hajduk: "Ich glaube, es ist gut, dass sich hier zeigt: Ein Protest gegen eine vorhandene Planung kann einen qualitativen Gewinn erzeugen, gerade weil diese Initiative beides vereinen konnte: Kritik formulieren und einen Plan haben, was man inhaltlich will, und darin kommunikationsbereit zu sein. Durch solche Initiativen lassen wir uns gern anstecken."