Franz-Josef Schlapka ist Baurechtsexperte.
Hamburger Abendblatt:
1. Die Stadt Hamburg und der Baukonzern Hochtief verhandeln derzeit um Vertragsstrafen in Millionenhöhe, weil ein Bauabschnitt der Elbphilharmonie nicht rechtzeitig fertiggestellt wurde. Gleichzeitig hagelt es Mehrkostenanträge und Behinderungsanzeigen, weil äußere Umstände angeblich die Arbeiten behindern. Kämpfen ein öffentlicher Auftraggeber und ein Konzern mit gleichen Waffen?
Franz-Josef Schlapka:
Nein, aus dem öffentlichen Vergaberecht erwachsen einem öffentlichen Auftraggeber viele Nachteile. Wenn es eine Baufirma, wie in diesem Fall, übertreibt, kann eine Stadt nicht so einfach kündigen - wie es ein privater Auftraggeber wohl gemacht hätte.
2. Woran liegt es, dass gerade öffentliche Bauten oft sehr viel teurer werden, als ursprünglich kalkuliert worden ist?
Das hat auch damit zu tun, dass öffentlichen Auftraggeber, wie jetzt Hamburg bei der Elbphilharmonie, oft der Wille fehlt, sich richtig und energisch genug gegen Firmeninteressen durchzusetzen und unternehmerisch zu handeln.
3. Brauchen öffentliche Auftraggeber bei großen Projekten denn mehr externen Beistand? Reicht es aus, wenn eine städtische Planungsgesellschaft wie die Rege solche Projekte übernimmt?
Die Rege hat ja im Grunde gar nicht schlecht begonnen. Herr Wegener als erster Chef hatte die Verhandlungen eigentlich hart genug geführt - bis er vom Bürgermeister ausgetauscht wurde. Die Wegener-Linie war meiner Meinung nach aber völlig richtig.
4. Kann es sein, dass im Verhältnis zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem privaten Auftragnehmer immer ein Missverhältnis vorhanden ist, weil der eine das Allgemeinwohl im Augen haben muss, die Unternehmen aber natürlich vor allem ihre wirtschaftlichen Interessen?
Nein, eigentlich nicht. Denn wenn die Stadt hier wirklich das Allgemeinwohl im Auge gehabt hätte, würde das bedeuten, dass sie mehr auf die Kosten für den Steuerzahler geachtet hätte. Dann hätte es solche Kostensteigerungen wie jetzt wohl kaum gegeben.
5. Hat es Ihrer Meinung nach beim Bau der Elbphilharmonie einen Kardinalfehler gegeben? Oder lassen sich Terminverschiebungen und Kostensteigerungen angesichts der Einzigartigkeit des Projekts ohnehin kaum vermeiden?
Das Projekt ist schon einzigartig. Doch ein Kardinalfehler war es wohl, den früheren Rege-Chef auszutauschen und auf Kompromisskurs zu gehen, als er hart verhandelt hat. Das war ein politischer Entschluss, der gegenüber einem so großen Unternehmen wie Hochtief das völlig falsche Signal gewesen sein dürfte.