Ein kompliziertes Verhältnis zur Parteibasis verbindet den designierten neuen Bürgermeister Christoph Ahlhaus mit seinem mutmaßlichen Herausforderer Olaf Scholz.
Wer Olaf Scholz und Christoph Ahlhaus in diesen Tagen trifft, der erlebt zwei Politiker, die ebenso entspannt wie entschlossen zu sein scheinen, die Chance zu nutzen, die sich da jetzt - gar nicht so unverhofft - vor ihnen auftut. Gearbeitet haben beide dafür. Das verbindet Ahlhaus, den designierten Bürgermeister, mit Scholz, seinem mutmaßlichen Herausforderer, der sich so zwar noch nicht titulieren will, aber genau weiß, dass die SPD keine Alternative hat.
Auch zu Ahlhaus gab es am Ende keine Alternative mehr bei den Hamburger Christdemokraten. Dass es so weit gekommen ist, liegt nicht nur am unbedingten Willen zur Macht, den beide verinnerlicht haben, sondern auch am politischen Geschick und der fachlichen Substanz, die ihnen selbst innerparteiliche Gegner nicht absprechen wollen. Respektiert, aber nicht geliebt - auf diesen gemeinsamen Nenner lassen sich die beiden studierten Juristen durchaus bringen, so unterschiedlich ihre Karrieren auch verlaufen sind.
Der Weg von Scholz führte aus Hamburg nach Berlin und zurück nach Hamburg - der Weg von Christoph Ahlhaus aus Heidelberg an die Elbe. Es war im Jahr 2001 und Scholz gerade dabei, als SPD-Landesvorsitzender nach der so desaströs verlorenen Bürgerschaftswahl das Personal neu zu sortieren, da heuerte Ahlhaus als Landesgeschäftsführer in der CDU-Zentrale am Leinpfad an. Der intellektuelle Scholz, der bis dahin auch wegen seiner irgendwie abgehoben wirkenden Art an Grenzen der Zustimmung gestoßen war, konnte damals in der SPD an Boden gutmachen, weil deren Neuaufstellung unter seiner Führung ohne Verwerfungen gelang.
Ahlhaus hingegen gewann rasch das Vertrauen des damaligen CDU-Landesvorsitzenden Dirk Fischer, wohl auch, weil sich beide ähnlich waren. In der Folge gab Ahlhaus intern den energischen Ausputzer für den Parteichef, profilierte sich aber eben auch als moderner Politmanager, den die CDU - gerade in Regierungsverantwortung gekommen - dringend brauchte. Fischer bedankte sich dafür auf seine Art - er protegierte den neuen Mann, wo er nur konnte. Was in der SPD nicht zwingend zum Erfolg führen würde, war in der autoritär organisierten Elb-Union schon fast die halbe Miete. Ahlhaus wurde mit Hilfe des Landesvorsitzenden 2004 Bürgerschaftsabgeordneter und innenpolitischer Sprecher, auch wenn er in weiten Teilen der Fraktion zunächst als Fremdkörper aus Baden-Württemberg wahrgenommen wurde. Doch Ahlhaus konnte selbstbewusst sein. Schließlich hatte er nicht nur beste Kontakte, sondern auch etwas vorzuweisen - den Bürgerschaftswahlkampf 2004 für Ole von Beust, den er als Hauptverantwortlicher so erfolgreich ins Ziel gebracht hatte, dass es sogar für die absolute Mehrheit reichte.
Weit schwierigere Zeiten hatte zu diesem Zeitpunkt Olaf Scholz hinter sich. Wegen seines in der Öffentlichkeit wie programmiert wirkenden Auftretens als "Scholzomat" verspottet und bei den Journalisten belächelt, endete 2004 die wohl unglücklichste Phase seiner Politkarriere als SPD-Generalsekretär in der Parteizentrale. Scholz, das hatte sich da gezeigt, war weniger ein Mann für die große Bühne, sondern vielmehr der Administrator hinter den Kulissen.
Als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion konnte er seine Talente danach weit besser entfalten. Der Misserfolg in der Parteizentrale aber wirkte in ihm nach. Auch noch, als er zum Arbeitsminister der Großen Koalition avancierte und - für seine Verhältnisse - zunehmend lockerer auftrat, zudem etliche Pfunde verlor, worauf er stolz zu sein schien. Als Scholz 2009 nach dem Machtwechsel im Bund schließlich erneut zum Landesvorsitzenden der SPD gewählt wurde, da hatte er jedenfalls bewiesen, dass er hart an sich selber arbeiten kann. Und plötzlich kam er an. Der Volksfest-kompatiblere Ahlhaus hat unterdessen mit dem Imageproblem zu kämpfen, ein innenpolitischer Hardliner in einer liberalen Stadt zu sein. Das lag sicher auch an der Rolle, von der er meinte, dass er sie als CDU-Innensenator ausfüllen müsse. Dass er auch Privates ins Rampenlicht stellt, wenn es der Karriere nützt, bewies Ahlhaus mit seiner Hochzeit, die er ins Rathaus verlegte. Rückschläge und Häutungsprozesse, wie Scholz sie erleben musste, kennt Ahlhaus nicht. Aber er weiß trotzdem, wie das Spiel funktioniert.