Die Schulsenatorin muss jetzt den Wählerwillen umsetzen.
Niemand, der Hamburgs Schulsenatorin Christa Goetsch kennt, wird bestreiten, dass sie mit heißem Herzen für ihre Ideen eintritt. Kein Senator identifiziert sich vermutlich in gleicher Weise mit seiner Aufgabe wie die GAL-Politikerin. Dumm nur, dass die Hamburger per Volksentscheid der sechsjährigen Primarschule eine herbe Abfuhr erteilt haben. Ein zentraler Baustein ist aus dem großen goetschschen Schulreformgebäude herausgebrochen. Das wichtigste Signal des von ihr verantworteten, manche sagen verordneten pädagogischen Aufbruchs - weg.
Eine solch krachende Niederlage ist fraglos ein Grund zum Rücktritt, der allerdings ist kein Automatismus. Es geht um die Bemessung des verbleibenden politischen Gewichts, der eigenen Durchsetzungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit. Diese Frage erfordert eine persönliche Antwort. Christa Goetsch hat sich entschieden, sie will im Amt bleiben. Und das ist zu respektieren. Sie hat augenscheinlich den Rückhalt ihrer grünen Parteifreunde und in der CDU einen Koalitionspartner, der ebenfalls weiter auf Kooperation setzt.
Allerdings muss Goetsch nun ein Rollenwechsel gelingen. Die Schulsenatorin muss die Politik umsetzen, die sie bislang für völlig falsch hielt. Sie muss mit gleichem Engagement die Schulreform zurückdrehen, wie sie sie vorher betrieben hat. Nun ist das Ziel, bestmöglichen Unterricht für alle Kinder unter den Bedingungen der Trennung nach Klasse vier zu gewährleisten.
Wenn Goetsch jetzt erklärt, die mit Blick auf die Primarschulen erfolgten Fusionen von Grundschulen nicht gegen den Willen der Beteiligten auflösen zu wollen, weckt das Zweifel daran, dass sie den Auftrag der Hamburger wirklich verstanden hat. Alles andere als die Rückkehr zu den bisherigen 220 Grundschulstandorten wäre nicht im Sinne der Mehrheit beim Volksentscheid.
In die gleiche falsche Richtung könnte Goetschs Position zu den 23 Starterschulen weisen, die nach den Ferien als Erste mit dem gemeinsamen Lernen in Klasse fünf beginnen sollten. Goetsch will die Schulen in einen Schulversuch überführen. Dass mehr als zehn Prozent der Grundschulen plötzlich doch Primarschulen werden, ist mit dem Wählerwillen kaum vereinbar. Um es klar zu sagen: Eine Primarschulreform durch die Hintertür darf es nicht geben.
Die nächste Bewährungsprobe steht unmittelbar bevor: Die Goetsch-Behörde muss aus den Ferien heraus einen reibungslosen Start ins neue Schuljahr gewährleisten. Keinem Schüler darf aus dem Volksentscheid ein Nachteil entstehen.