Als Maria Jepsen im April 1992 zur Bischöfin von Hamburg gewählt wurde, kam das einer Revolution gleich: Die damals 47-Jährige wurde die erste evangelisch-lutherische Bischöfin der Welt.

Hamburg. Am Anfang hatte es die zierliche Frau mit dem aschblonden Haar und der randlosen Brille nicht leicht. Konservative Geistliche zitierten Bibel-Sätze wie „Das Weib schweige in der Gemeinde“ und warfen Jepsen eine „einseitige feministische theologische Position“ vor. „Zuerst war diese unerwartete Kritik schlimm für mich. Aber im Grunde bin ich dadurch ein Stück gewachsen, denn die folgenden überwiegend ermunternden Reaktionen haben mir Mut gemacht.“

Und ihr Mut, auch zu unbequemen Fragen Stellung zu beziehen, hat sich ausgezahlt. Als 2002 ihre Wiederwahl für weitere zehn Jahre anstand, wurde sie von den Kirchenparlamentariern mit einer überwältigenden Mehrheit in ihrem Amt bestätigt. Deshalb muss es die 65-Jährige besonders hart getroffen haben, als man ihr im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen gegen einen Ahrensburger Pastor vorhielt, die Unwahrheit gesagt zu haben.

„Die Kirche muss sich einmischen in Politik, muss wieder lebendiger werden und den Glauben im Alltag lebbar machen“, lautete ihr Motto bei ihrer Wahl 1992 und das hat sie konsequent umgesetzt. Ob ihr Engagement für Obdachlose, Flüchtlinge und andere Randgruppen, für die Ökumene oder den interreligiösen Dialog, Jepsen scheut sich nicht, Stellung zu beziehen. Wie zuletzt in der Diskussion um den islamischen Muezzin-Ruf, den sie sich unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen kann. Einigen Kirchenmitgliedern ging das zu weit, wie auch ihr Einsatz für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften.

Als viertes Kind eines Zahnarztes und einer Lehrerin wurde Maria Jepsen am 19. Januar 1945 im Bad Segeberg geboren. Im Studium und später im Beruf war für sie die feministische Theologie ebenso bedeutsam wie die Begegnung mit dem Judentum. Mit ihrem Mann Peter Jepsen übernahm sie von 1972-1977 je eine Pfarrstelle in Meldorf (Dithmarschen) und danach bis 1990 in Leck (Nordfriesland). In der Landeskirche gehörte sie ab 1986 der Kirchenleitung an und wurde 1991 als erste Frau in Nordelbien Pröpstin. Nach der Strukturreform in der Nordelbischen Kirche war Jepsen seit einem Jahr auch Bischöfin für Lübeck – 2012 mit dem Start der Nordkirche wollte sie sich in den Ruhestand verabschieden.