Der Notvorstand des Hamburger Tierschutzvereins (HTV) greift hart durch: Dem ehemaligen Vorsitzenden Wolfgang Poggendorf wurde Hausverbot erteilt, Urte Hitzer (42) musste ihren Posten als kommissarische Leiterin des Tierheims Süderstraße räumen. "Wir haben mit zahlreichen Mitarbeitern des Tierheims gesprochen und danach diese Entscheidung getroffen. Wir stellten fest, dass das Vertrauen für Frau Hitzer fehlt", sagte Notvorstand Hauke Maschewski am Freitag.

Als Nachfolger von Hitzer wurde Tierarzt Hannes Neitzel ernannt, der seit 1976 beim HTV angestellt ist. "Mir geht es in erster Linie um das Wohl der Tiere und um ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern", sagte Neitzel.

Wolfgang Poggendorf darf mit sofortiger Wirkung das Tierheimgelände nicht mehr betreten. "Wir haben auch den anderen Vorstandsmitgliedern, die vor Kurzem zurückgetreten sind, nahegelegt sich dem Grundstück nicht mehr zu nähern", sagte Maschewski. Zudem werden sich die Notvorstände Maschewski und Heinz Kourim am Montag mit den Staatsanwälten treffen, die gegen Poggendorf in mehreren Fällen wegen des Verdachts der Untreue ermitteln. Ein Vereins-Ausschlussverfahren gegen Poggendorf wurde bislang nicht eingeleitet: "Ich gehe davon aus, dass Herr Poggendorf seine Mitgliedschaft freiwillig niederlegt. Er hat dem Tierschutz so viel Schaden zugefügt, dass er es nicht mehr Wert ist, in diesem Verein zu sein", sagte Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Außerdem steht für Apel, der am Freitag angereist war, um mit den Notvorständen über das weitere Vorgehen zu beraten, fest: "Herr Poggendorf muss für seine Taten, sollte er wegen Untreue verurteilt werden, auch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden."

Dass die "Poggendorf-Affäre" dem HTV schweren Schaden zugefügt hat, wurde am Freitag erstmals anhand von Zahlen belegt: Seit Juli, als die Ermittlungen gegen Poggendorf begannen, sind 654 Mitglieder aus dem Verein ausgetreten. Neu aufgenommen wurden in diesem Zeitraum 437 Mitglieder. "Wir müssen uns jetzt wieder auf den Tierschutz konzentrieren", so Wolfgang Apel. Und in Hinblick auf einen neuen Vorstand, der in den nächsten drei Monaten gewählt werden soll, forderte Deutschlands oberster Tierschützer: "Wir brauchen in dieser Position keine Selbstdarsteller, sondern Menschen, die Tierschutz mit Herz und Verstand betreiben."