Aber Schüler-Leistungsvergleiche liefern nur spärliche Hinweise.
Bis vor wenigen Jahren galten Schüler-Leistungstests vor allem Pädagogen als Teufelszeug. Die Kennziffern und Ranglisten lassen eben auch Rückschlüsse auf die Arbeit der Lehrer zu, was manchen unangenehm war. Heute diktieren PISA, TIMSS, IGLU und wie sie alle heißen die schulpolitische Debatte. Bei Politikern sind die Studien beliebt: Jeder kann aus den Ergebnissen fast alles herauslesen und in seinem Sinne interpretieren.
In Wahrheit ist Vorsicht geboten. Schüler-Leistungsvergleiche sind nicht die Blaupause für schulpolitisches Handeln. Sie können aber wichtige Hinweise geben - vor allem mittel- und langfristig. Aus Hamburger Sicht sticht der einmalig gute dritte Platz beim Hörverständnis im Englischen in der aktuellen nationalen Vergleichsstudie heraus. In Hamburg lernen die Schüler spielerisch von der dritten Klasse an, Englisch zu sprechen. Das scheint sich auszuzahlen. Richtig ist es daher, wenn der Fremdsprachenunterricht, wie es in Hamburg vom nächsten Schuljahr an vorgesehen ist, schon in der ersten Klasse beginnt - auf altersangemessene Art.
Völlig falsch wäre es, aus einer Top-Platzierung zu schließen, dass schon alles auf dem richtigen Weg ist im Hamburger Schulsystem - oder alles so bleiben könne, wie es ist. Die Leistungen der Hamburger Neuntklässler im Deutschen bleiben weit unterdurchschnittlich. Alle Stadtstaaten haben das Problem, dass der Anteil derer, für die Deutsch nicht die Muttersprache ist, hoch ist. In Hamburg ist es fast jeder zweite Grundschüler. Das darf keine Entschuldigung sein, sondern nur als Ansporn verstanden werden. Die Sprachförderung muss weiter intensiviert werden. Der Hoffnungsschimmer hier: Ein Teil der Frühförderung, die inzwischen in den Hamburger Kitas Standard ist, hat sich noch nicht in diesem Vergleichstest auswirken können.
Für den Streit über die sechsjährige Primarschule lässt sich dagegen aus der Studie wenig herauslesen. Das deutsche Schulsystem ist insgesamt sozial ungerecht. Längeres gemeinsames Lernen kann mehr Gerechtigkeit schaffen. Andererseits: Die Top-Lerner in Deutschland sind die Schüler in Bayern und Baden-Württemberg mit ihrem starren dreigliedrigen System und der Trennung nach vier Jahren. Es muss aber zu denken geben, dass nicht einmal die hoch gelobten Hamburger Gymnasien im Ländervergleich überdurchschnittliche Leistungen erbringen - in fast allen Kategorien.
Eines ist sicher: Die deutlich kleineren Klassen, die in Hamburg beschlossen sind, mit der Folge einer individuelleren Förderung werden sich positiv auf die Schülerleistungen auswirken. Mittelfristig wird Hamburg aufholen.