Mit Demut wolle er seine Mission in Afghanistan erfüllen, hatte US-General Stanley McChrystal versprochen. Im Umgang mit seiner eigenen Regierung ließ er diese Tugend jedenfalls vermissen. Der asketische Elitesoldat hält prinzipiell die Offensive für das Mittel der Wahl und blickt auf die Welt aus der Militär-Perspektive.
Doch im Umgang mit der Maschinerie der Politik und ihrem komplexen Räderwerk sind brachiale Sturmläufe denkbar ungeeignet. Hinzu kommt, dass das Militär in den USA zwar ein fast beunruhigend starkes Gewicht besitzt, der Primat der Politik aber niemals infrage gestellt werden darf. Dies hat McChrystal mit der unangemessenen Kritik an seinem Oberkommandeur, Präsident Obama, und dessen engsten Mitarbeitern getan. Obama hatte in diesem Fall nur die unselige Wahl zwischen Pest und Cholera. Ein Verbleiben McChrystals im Amt hätte das Ansehen des angeschlagenen Präsidenten, der bereits in den Finanz- und Ölkrisen hilflos agieren muss, unrettbar beschädigt.
Der Rauswurf, obwohl unvermeidbar, beraubt das bedrängte US-Expeditionsheer am Hindukusch nun allerdings seiner zentralen Figur. Chef-Stratege McChrystal verlässt die Operationszentrale überdies zu einem prekären Zeitpunkt: Der Feldzug in Afghanistan verfehlt auch mit dem neuen Ansatz weitgehend seine Ziele; die als entscheidend verkündete Offensive in Kandahar musste bereits vertagt werden. McChrystals Entlassung wirkt vor dieser Kulisse wie ein düsteres Omen.