Niedrigste Aufklärungsquote im Städtevergleich. Der ADFC übt Kritik an SPD-Senat. Die Polizei empfiehlt zur Sicherheit eine Codierung.
Hamburg. Die Zahl der Fahrraddiebstähle ist im vergangenen Jahr drastisch angestiegen. Wie aus einer Statistik der Polizei hervorgeht, wurden 2011 in insgesamt 13.196 Fällen Fahrräder gestohlen, in 292 Fällen wurde es versucht. Das sind 2247 Taten oder genau 20 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Und es ist die höchste Zahl an Fahrraddiebstählen seit 2005. Aufgeklärt werden konnten nur 523 Diebstähle, entsprechend sank die Aufklärungsquote um 0,5 Prozentpunkte. Der Schaden betrug fast sechs Millionen Euro.
Damit liegt Hamburg über dem bundesdeutschen Trend. Nach einer Erhebung des Verbraucherportals Geld.de stieg die Zahl der Fahrraddiebstähle bundesweit um 7,2 Prozent. Deutschlandweit sind danach fast 329.000 Fahrräder mit einem Wert von 150 Millionen Euro gestohlen worden. Hamburg verzeichnete 755 Taten je 100.000 Einwohner und liegt damit vor Berlin mit 751 Diebstählen oder München mit nur 387 Fällen.
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Aufgrund der schlechtesten Aufklärungsquote im Vergleich der 38 Städte und der starken Zunahme an Fällen gilt Hamburg als "unsichere" Stadt für Fahrradbesitzer. Insgesamt liegt Hamburg aber im Mittelfeld. Spitzenreiter sind hierbei fahrradfreundliche Städte wie Münster, Bremen und Lübeck mit mehr als 1100 Diebstählen je 100.000 Einwohner.
Die Polizei unterscheidet Fahrraddiebstähle nach einfachen und besonders schweren Diebstählen. Den Großteil der Taten, fast 92 Prozent, machen die Diebstähle unter sogenannten erschwerten Umständen aus, also schwere Diebstähle. Dazu zählen die Taten, in denen das Fahrrad angeschlossen war oder etwa aus einer Garage gestohlen wurde. Bei einem einfachen Diebstahl handelt es sich dagegen um ein Rad, das nicht abgeschlossen war.
Der Verlust der Bestohlenen lag in den meisten Fällen zwischen 500 und 2500 Euro (4219 Taten). Am zweithäufigsten wurden Fahrräder mit einem Wert von 250 bis 500 Euro (4060 Taten) gestohlen. In 20 Fällen entstand ein Schaden von mehr als 5000 Euro, bei einem Diebstahl sogar einer von 25 000 Euro.
Dieser Fall ging damals auch durch die Medien: Im September verschwand ein Fahrrad-Prototyp nahe dem Altonaer Amtsgericht an der Gerichtstraße - das wohl teuerste Fahrrad in der Hansestadt. Der 35 Jahre alte Eigentümer hatte das schwarze Trekkingbike mit Elektromotor gegen ein Uhr in der Nacht mit zwei Schlössern an einem Baumschutzbügel angeschlossen. Als er 20 Stunden später zurückkam, war das Fahrrad verschwunden.
Die Polizei ermittelte im vergangenen Jahr gegen 606 zumeist männliche Fahrraddiebe. Die meisten Tatverdächtigen waren zwischen 16 und 18 Jahre alt (95 Tatverdächtige), gefolgt von30- bis 40-Jährigen. Auffällig: Mit insgesamt 284 Tatverdächtigen sind in der Altersgruppe der Neun- bis 21-Jährigen fast genauso viele Fahrraddiebe anzutreffen wie in der Gruppe der 21- bis über 60-Jährigen. In dieser Altersgruppe ermittelte die Polizei gegen 322 Tatverdächtige.
Den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) überrascht es nicht, dass Fahrraddiebstähle zugenommen haben. "Wir leben in einer Großstadt, in der immer mehr Menschen auf das Rad umsteigen. Da wir vor allem an Knotenpunkten wie Bahnhöfen eine schlechte Abstellsituation haben, wird es den Dieben häufig sehr einfach gemacht", sagt ADFC-Landesvize Dirk Lau. Auch in dicht besiedelten Stadtteilen seien die Abstellmöglichkeiten unzureichend. "Das muss sich dringend ändern."
In der Verantwortung sieht er in erster Linie die Politik. "Der SPD-Senat hat das gesamte Thema Radverkehr bislang vernachlässigt - es hat nur Lippenbekenntnisse gegeben." Wünschenswert wäre es, wenn in der Stadt wesentlich mehr Abstellhäuschen und abgeschlossene Radstationen angeboten würden.
Doch auch die Besitzer von Zweirädern könnten selbst dazu beitragen, dass die Zahl der Diebstähle abnimmt. "Es gibt nach wie vor viele Menschen, die es versäumen, ihr Rad ab- und auch an einen fest verankerten Gegenstand anzuschließen", sagt Dirk Lau. Odersie sicherten ihr Rad nicht ausreichend, etwa nur mit einem billigen Schloss. "Das kommt den Gelegenheitsdieben natürlich sehr entgegen."
Die Polizei sieht trotz des massiven Anstiegs der Fahrraddiebstähle keine besorgniserregende Entwicklung. "Statistik muss man über einen längeren Zeitraum betrachten, weil sie immer Schwankungen unterliegt", sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Im Jahr 2002 habe es etwa 14.700 gestohlene Fahrräder geben - rund 1000 mehr als 2011. Nach Angaben der Polizei werden viele Fahrräder im Rahmen der Beschaffungskriminalität gestohlen. "Es gibt immer wieder Ermittlungserfolge gegen Hehler, die in größerem Stil gestohlene Fahrräder weiterverkaufen", sagt Sweden.
Zurzeit liefen intensive Ermittlungen in einem Gewerbegebiet in Hamburgs Süden wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Zusammenhang mit gestohlenen Rädern. Insgesamt werden Fahrraddiebe jedoch nur in den seltensten Fällen gefasst.
"Nur wenn das Rad dem Besitzer zugeordnet werden kann, hat die Polizei einen Ermittlungsansatz", sagt Ulrike Sweden. Deshalb bietet die Polizei %regelmäßig Fahrradcodierungsaktionen unter dem Motto "Der Fingerabdruck für Ihr Fahrrad" an.