Eine Glosse von Alexander Josefowicz
Dass der Eurovision Song Contest ein musikalisches Kuriositätenkabinett ist, muss man kaum noch extra betonen. 2012 allerdings gibt es für Freunde der schrägen Unterhaltung besonders viel zu lachen: Die Briten haben Engelbert Humperdinck exhumiert, Irland kontert mit dem Zwillingspaar Jedward, das schon 2011 allen auf die Nerven gegangen ist. Die Russen entsenden aus den Weiten der udmurtischen Taiga die Disco-Omas Buranowski Babuschki nach Baku, unsere österreichischen Nachbarn schicken das Atzen-Pendant Trackshittaz und ihre Aufforderung "Woki mit deim Popo" ins Rennen.
Und weil ein Song Contest ohne Ralph Siegel nicht komplett sein kann, spielt auch der Grandseigneur der geistlosen Unterhaltung mit. Für Valentina Monetta aus der Zwergrepublik San Marino hat er - vermutlich innerhalb weniger Minuten - den Song "Facebook, Uh, Oh, Oh" geschrieben. Von dem zeigte sich nicht nur fast jeder, der das Machwerk bislang ertragen musste, erfreut. Sondern auch die European Broadcasting Union: Das Lied enthalte eine Werbebotschaft, würde deshalb disqualifziert. San Marino hat bis heute 12 Uhr Zeit, eine Alternative vorzulegen. Siegel versteht die Aufregung nicht, sein Geisteskind sei doch eine Satire.
Ergänzt man Siegels Einschätzung um den Wortteil "Real-", dann gebührt ihm zumindest ein Titel: Der für die treffendste Beschreibung des Eurovision Song Contest 2012.