Das vom Senat beschlossene Register gab es hier schon mal. Mit zweifelhaftem Ergebnis, bestätigt auch die Erfahrung andernorts

Kein Zweifel: Korruption und Bestechung bei öffentlichen Aufträgen müssen konsequent und effektiv geahndet werden. Denn Korruption verursacht hohe Schäden für die öffentliche Hand und benachteiligt Unternehmen, die sich an Gesetze halten. In Hamburg wird deshalb die Einführung eines Korruptionsregisters vorbereitet. Der Zweck: Daten über Unternehmen und Personen zu sammeln, die aufgrund von Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen nicht mehr an der Vergabe öffentlicher Aufträge beteiligt werden. Der Senat hat auf Initiative der SPD-Fraktion einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Was auf den ersten Blick als sinnvolle Maßnahme scheinen mag, ist bei näherem Hinsehen zweifelhaft. Dient die Schaffung eines Registers einer wirksamen Korruptionsbekämpfung? Oder handelt es sich um Symbolpolitik, die der Stadt und den Unternehmen mehr Bürokratie und höhere Kosten beschert, ohne Wirkung zu zeigen?

In Nordrhein-Westfalen und Berlin bestehen Korruptionsregister auf gesetzlicher Grundlage. In mehreren Bundesländern gibt es entsprechende Regelungen auf Erlass-Ebene. Was es nicht gibt, ist eine systematische Evaluation, ob diese Register einen wirksamen Beitrag zur Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität leisten. Und dies ist zweifelhaft.

In Hamburg bestand von 2004 bis 2006 bereits ein Korruptionsregister, das von der damaligen CDU-Alleinregierung wieder abgeschafft wurde. Während dieser Zeit erfolgte keine Eintragung in das Register, kein einziges Unternehmen wurde wegen einer Eintragung von der Vergabe eines öffentlichen Auftrages ausgeschlossen. In fünf von sechs Bundesländern, bei denen Informationen über die Führung eines Korruptionsregisters vorliegen, werden keine oder nur sehr wenige Einträge ausgewiesen. Effiziente Korruptionsbekämpfung sieht anders aus. Allein das Berliner Korruptionsregister weist eine größere Anzahl von Eintragungen aus, was aber nur darauf zurückzuführen ist, dass vor allem Fälle von Schwarzarbeit und Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen verzeichnet sind. Diese Delikte haben mit Korruption nichts zu tun.

Es stellen sich auch andere Fragen: Macht ein isoliertes Korruptionsregister für Hamburg Sinn, wenn in Niedersachen oder Schleswig-Holstein keine Register bestehen? Ausschreibungsverfahren machen nicht an Ländergrenzen halt. Daher könnte allenfalls ein bundes- oder sogar europaweites Korruptionsregister weiterhelfen. Jedoch bestehen hier mit dem Bundeszentralregister und dem Gewerbezentralregister bereits zwei einschlägige Register, die als wirksame Instrumente gegen unzuverlässige Unternehmen und Korruption genutzt werden können. Insbesondere im Gewerbezentralregister werden bereits (auf Grundlage von Paragraf 149 Absatz 2 der Gewerbeordnung) Verwaltungsentscheidungen, Bußgeldverfahren sowie strafrechtliche Verurteilungen erfasst, wenn sie im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen.

Wozu benötigen wir dann ein drittes bundesweites Register oder 16 Länderregelungen, durch die nur Verwirrung, Bürokratie und Rechtsunsicherheit geschaffen werden? Schließlich besteht sogar die Gefahr, dass ein Unternehmen aufgrund eines bloßen Verdachtes im Korruptionsregister landet. Genau dies war in einem Gesetzentwurf ausdrücklich vorgesehen, den die Bundestagsfraktion von Bündnis90/Grüne 2008 in den Bundestag eingebracht haben. Dies wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere der Unschuldsvermutung, nicht vereinbar und verfassungsrechtlich bedenklich. Und es bedarf keiner großen Fantasie, sich vorzustellen, welche existenz- und arbeitsplatzvernichtenden Folgen die unbegründete Eintragung für ein mittelständisches Unternehmen und seine Beschäftigten haben könnte.

Gutes Regieren bedeutet weniger Bürokratie. Umgekehrt bedarf mehr Bürokratie - und hierzu gehört ohne Zweifel die Einführung eines Korruptionsregisters - gerade in Zeiten knapper Kassen der besonderen politischen Rechtfertigung. Daher muss vor der Einführung eines zusätzlichen Registers eine systematische Auswertung der Erfahrungen in den anderen Bundesländern stehen, ob ein solches Register wirklich einen Nutzwert für die Korruptionsbekämpfung hat.

Der Anwalt Thomas-Sönke Kluth, 51, ist wirtschaftspolitischer Sprecher und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Hamburger FDP