Eine Glosse von Alexander Schuller
Streiks sind bekanntlich häufig das letzte Druckmittel, das immer dann eingesetzt wird, wenn die Verhandlungen zwischen den Tarifparteien ohne Ergebnis bleiben. Dieses Recht auf Streik ist im Grundgesetz festgeschrieben, und das ist auch gut so. Streiks sind (manchmal) enorm wichtig, um auf Missstände aufmerksam zu machen und die öffentliche Meinung zu sensibilisieren.
Aber wer hat eigentlich diese unfassbar nervigen dramaturgischen Elemente eingeführt, die jeden Streik des öffentlichen Dienstes begleiten?
Mit dem Namen Verdi verbinden aufgeschlossene Bürger für gewöhnlich Triumphmärsche und große Oper; glühende, aufsehenerregende Aktionen in außergewöhnlichen Situationen, die von Persönlichkeiten glaubhaft dargestellt werden. Indem sie ihre Forderungen kraftvoll vorsingen, beispielsweise. Auf jeden Fall aber mit Pauken und Trompeten.
Doch ein Ver.di-Streik klingt anders. Vor allem klingt er nervtötend. Er ist am ehesten vergleichbar mit einer Geburtstagsfeier im antiautoritären Kindergarten, wenn die im Gleichschritt marschierenden Bataillone wütender Streikender, verkleidet als wandelnde Wertstoffsäcke, die Straße blockieren, dabei inbrünstig in Trillerpfeifen hineinblasen, als gäbe es keinen Morgen mehr, und gleichzeitig wie von Sinnen im Kollektiv ihre Kinderrasseln kreisen lassen. Was wollen uns diese Geräusche sagen? Wie soll die Botschaft lauten, die in diesem nervtötenden Klangteppich jedes Mal schlicht und einfach untergeht?
Ein Streik soll ja in gewisser Weise auch wehtun. Aber eben (und bitte!) nicht nur in den Ohren.