Als einzige Vertreter einer staatlichen Schule aus Deutschland reisen die Niendorfer zu Model Unites Nations in die USA. Dort vertreten sie Kap Verde.
Hamburg-Niendorf. Der Streik der Vorfeldmitarbeiter am Frankfurter Flughafen wurde in den vergangenen Tagen am Gymnasium Bondenwald mit bangen Blicken verfolgt. Am Mittwoch dann die Entwarnung: Der Streik ist beendet, die Reise kann beginnen. Am Sonnabend fliegen zwölf Schüler des Niendorfer Gymnasiums über Frankfurt nach New York. Dort werden die Hamburger als einzige Vertreter einer staatlichen Schule aus Deutschland an den Model-United-Nations-Konferenzen in den USA teilnehmen. Dabei handelt es sich um Planspiele, bei denen Schüler aus der ganzen Welt in die Rolle von Delegierten der Vereinten Nationen schlüpfen und eine Uno-Konferenz simulieren. Alle Nationen der Welt werden von Schülergruppen vertreten und debattieren in englischer Sprache drei Tage lang über wichtige politische Themen, handeln Kompromisse aus und verabschieden Resolutionen.
+++Planspiel: Hamburger Schüler als Uno-Delegierte in New York+++
Am Ende kommen im großen Saal der Uno-Generalversammlung alle Schüler zusammen und nehmen die Plätze ein, auf denen in der Regel Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und die Delegierten sitzen. „Das Projekt leistet einen unschätzbar wichtigen Beitrag zur Förderung diplomatischen Verhandlungsgeschicks, zur Persönlichkeitsreifung und zum Wecken des Interesses für politische Zusammenhänge auf der Welt“, sagt Mike Rockelmann, Englischlehrer am Gymnasium Bondenwald und Reisebegleiter seiner Schüler. „Wir sind sehr stolz, neben der privat finanzierten International School of Hamburg die einzige deutsche Schule in New York zu sein“.
Die Niendorfer reisen allerdings nicht als Vertreter Deutschlands in die USA. Allen Gruppen wurden bereits im Vorfeld Nationen zugeteilt, die sie während der Konferenzen repräsentieren. Die Bondenwald-Schüler vertreten den atlantischen Inselstaat Kap Verde. Im Interesse dieses Landes müssen die Hamburger realitätsnahe Resolutionen ausarbeiten und verabschieden. „In die Rolle eines fremden Landes zu schlüpfen und dieses würdig zu vertreten, ist eine große Herausforderung“, sagt Schülerin Christine Kleist.
Wochenlang haben sich die Niendorfer mit den Kapverdischen Inseln auseinandergesetzt und Positionspapiere erstellt, die im Vorfeld der Konferenzen in New York eingereicht werden mussten. „Kap Verde hat eine faszinierende Geschichte, die mir bislang nicht bekannt war. In der Vorbereitung bekommt man einen guten Blick für die Interessen eines Landes, dass sich von Deutschland unterscheiden“, sagt die 17-jährige Janne Hottenrott. Den Schülern fiel es jedoch nicht immer leicht, die Positionen frei von deutschen Einflüssen zu halten. „Wir können nicht auf einmal so tun, als wären wir Kapverdianer. Wir können zwar ihre Meinung vertreten, aber wir haben eine ganz andere Lebenseinstellung und einen ganz anderen Hintergrund“, sagt Sinah Gaebert.
Die sieben Mädchen und fünf Jungen vom Gymnasium Bondenwald konnten bereits im vergangenen Herbst beim Hamburger Modell von Model United Nations in Meiendorf erfahren, wie aufwendig die Vorbereitung für eine Uno-Konferenz sein kann. „Die Recherche für die 'position papers' musste sehr fundiert belegt und alle Quellen angegeben werden“, berichtet Janne Hottenrott. Eine Arbeit, die den Schülern viel Zeit und Geduld abverlangt hat. „Kap Verde ist ein sehr kleines Land, eine Nation im Wandel und ein Paradebeispiel für afrikanische Staaten. Um abseits vom formalen Abstimmungsverhalten einen etwas direkteren Einblick zu bekommen, habe ich mich persönlich mit einem ausgewanderten Kapverdier unterhalten. Das was sehr aufschlussreich“, erzählt Jonas Mekhalfia.
Lehrer Mike Rockelmann ist bereits im Vorfeld der Veranstaltung von der Arbeit seiner Schüler begeistert. „Es ist toll mitzuverfolgen, wie ernsthaft sich die Schüler aktuellen politischen Themen der Kapverden widmen und das Selbstvertrauen finden, vor einem Komitee mit mehrheitlich englischen Muttersprachlern eine Rede zu halten und ihren Standpunkt vertreten“.
Die Reise nach New York hat für die Elftklässler aber auch einen hohen finanziellen Preis. Die Teilnahme an Model United Nations ist teuer. „Leider stellen die Reisekosten in Einzelfällen eine Art soziale Selektion dar. Wir hatten großes Glück, einen privaten Sponsor zu finden. Damit die Teilnahme von Schülern aus finanziell schlechter gestellten Elternhäusern auch künftig mitreisen können, würden wir uns über dauerhafte Sponsoren sehr freuen“, sagt Mike Rockelmann.
Am Sonnabend um 10.25 Uhr steigen die Niendorfer in den Flieger Richtung New York. Neben der Herausforderung, an der internationalen Veranstaltung teilzunehmen und sowohl als Vertreter Deutschlands als auch der Kapverden in die USA zu reisen, freuen sich die Schüler aber vor allem auch über den Besuch der amerikanischen Weltstadt. Jonas Mekhalfia gibt zu: „Ich würde mich am meisten über gutes Wetter freuen, damit ich vom Empire State Building eine gute Aussicht habe“.