Euro-Rettung darf nicht zu Demokratieabbau führen
Ja, bei Rettungsaktionen entscheidet oft die Geschwindigkeit über den Erfolg - auch beim Euro. Und ja, manche Dinge müssen im Verborgenen vorbereitet und entschieden werden, damit sie auch funktionieren. Richtig ist schließlich auch, dass 620 Parlamentarier nicht mehr Sachkompetenz in schwierigen Finanzfragen haben als eine kleine Gruppe von Fachleuten. Insofern hatte es die Regierung vielleicht gut gemeint, ein Gremium aus nur neun kundigen Parlamentariern installieren zu wollen, das allein bei Entscheidungen zur Stabilisierung des Euro-Rettungsfonds EFSF hätte entscheiden können.
Nur ist gut gemeint oft das Gegenteil von gut gemacht. Auch in diesem Fall. Denn wichtiger als schnelle Entscheidungen sind in der Demokratie die Rechte des Parlaments. Das hat die Regierung gestern vom Bundesverfassungsgericht schriftlich bekommen. Denn das Parlament vertritt die Bürger, und die haben ein Recht darauf zu erfahren, was wann warum mit ihrem Geld geschieht. Die Ausnahmen, die die obersten Richter zulassen, sind eng begrenzt. Nun wird der Bundestag schnell eine neue, verfassungskonforme Regelung präsentieren müssen. Und statt die Krise mit dem Abbau parlamentarischer Rechte lösen zu wollen, müssen die Abgeordneten wieder über deren Ursachen nachdenken: zügellose Schuldenpolitik und unkontrollierte Finanzmärkte. Hier tun sich viele Betätigungsmöglichkeiten auf, die nicht nur mit dem Grundgesetz übereinstimmen, sondern auch zu den Pflichten eines jeden verantwortlichen Politikers gehören: solides Wirtschaften und die Hoheit über die Staatsfinanzen bewahren.
Finanzmärkte sind auch keine unkontrollierbaren Naturgewalten, denen die Politik machtlos gegenüberstünde und deren Willen sie stets zu folgen hätte. Vielleicht sind ja einige Banken so groß und manche Finanzplätze so wichtig, dass sie den Titel "systemrelevant" verdienen. Mit Sicherheit sind für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung die Parlamente und die Bürger systemrelevant. Die müssen im Mittelpunkt politischen Handelns stehen.