Gegner der Neubauvorhaben kamen mit 9000 Unterschriften zur Info-Versammlung in die Grundschule Othmarscher Kirchenweg.

Hamburg. Die Gegner der Neubauvorhaben in Othmarschen haben ausgerechnet den größten Hamburger Oberbaudirektor im Bunde – zumindest gefühlt. Die Kleingärtner der Initiative "Apfelbaum braucht Wurzelraum" zitieren Fritz Schumacher, der 1932 feststellte: "Bauflächen entstehen, auch wenn man sich nicht um sie kümmert; Freiflächen verschwinden, wenn man sich nicht um sie kümmert." Damit betonte Schumacher die Wichtigkeit wohnungsnahen Grün- und Freiflächen. Er träumte von grünen Achsen um Hamburg herum – ein Gedanke, der abgewandelt Wirklichkeit wurde. So legt sich bis heute in acht bis zehn Kilometern Entfernung vom Rathaus ein grüner Ring um die innere Stadt.

An einer dieser Schnittstellen, in Othmarschen nahe dem Elbtunnel, sollen nun möglichst schnell Hunderte von Wohnungen entstehen: Insgesamt sieht der Rahmenplan des Bezirks Altona 173 Wohneinheiten an der Behringstraße, 85 Wohneinheiten am Othmarscher Kirchenweg und 57 Einheiten am Trenknerweg vor. Diese drei Flächen hatte die Bürgerschaft 2009 definiert und sind in Besitz der Stadt.

Wo derzeit noch Sportplätze und Kleingärten sind, könnten "circa 2014" die Bagger rollen - spätestens dann, wenn der große Sportpark in Bahrenfeld fertiggestellt ist. Damit nicht genug: im Frühjahr beginnen die Bauarbeiten am Othmarschen Park, wo sogar 810 Wohnungen nahe der Autobahn entstehen sollen. Während letzteres Projekt unumstritten ist, formiert sich Widerstand gegen die Bebauung südlich davon. Dieser Widerstand war gestern abend bei einer Informationsveranstaltung des Bezirks Altona so unüberseh- wie unüberhörbar.

Rund 350 Bürger waren in der Grundschule Othmarscher Kirchenweg gekommen, um sich über die Vorhaben zu informieren. Die Initiative "Apfelbaum braucht Wurzelraum" hatte 9000 Unterschriften gegen das Bauvorhaben an eine Wäscheleine gehängt, die sich durch die ganze Turnhalle wand. Sie beklagt, dass hier eine Kleingartenanlage zerstört wird, "die in den letzten Jahren oft als ideal gelegen und beispielhaft von verschiedener Seite dargestellt wurde". Für den Bezirk sei das ganze Vorhaben ein ökologisches Minusgeschäft. Angesichts der verdichteten neuen Quartiere bräuchten gerade junge Familien Ausgleichsräume. "Der Garten ist unser Wohnzimmer", sagte eine Kleingärtnerin. "Wenn schon gebaut wird, dann gefälligst Sozialwohnungen." solche Projekte würden der Gentrifizierung Vorschub leisten. Anwohner wiederum wehrten sich gegen eine "übertriebene Verdichtung" des Stadtteils.

Die Planer versuchten, die Sorgen der Bürger zu zerstreuen - mit einer eher sensiblen Verkehrsführung und aufgelockerten "sozial gemischten" Quartieren, die Plätze und Wohnhöfe bieten. An Stellwänden sammelten Bezirk und Behörde die Wünsche, Befürchtungen und Ideen. Und betonten, es gehe bislang nur um Entwürfe, nicht um Bebauungspläne.

Gisela Sinz-König, Stadtplanerin der Bau-Behörde, sagte: "Von den 250 Parzellen bleibt der größte Teil erhalten, es fallen nur 70 bis 80 weg." Da ein Großteil erst nach Fertigstellung des Deckels umziehen kann, haben die Gärtner eine Gnadenfrist bis 2020. Die Planer betonten, es werde ein Umzug aller Kolonien vereinsweise angestrebt. Allerdings könnten nicht alle auf dem Deckel untergebracht werden, Ergänzungsflächen könnten in Lurup oder Diebsteich entstehen.

Die Vorbehalte aber wurden kaum überwunden, die Vertreter der Behörden mussten sich zum Teil höhnischem Gelächter und Zwischenrufen erwehren. " Das ist doch eine Alibiveranstaltung", kritisierten Redner. Und eine Ottensenerin sagte unter dem Beifall einiger Zuhörer : "Wir Kleingärtner werden unsere Gärten verteidigen, bis zum letzten Blutstropfen."