Eine Hamburger Stiftung bringt Elektrizität in die kleine Ortschaft Oboadaka - und damit auch das Public Viewing

Bis vor Kurzem sah Public Viewing im ghanaischen Busch so aus: Die Bewohner des kleinen Ortes Oboadaka trotteten zu einem staubigen Acker am Dorfrand und bestaunten - wenn sie Glück hatten - lokale Kicker, die mit einem schäbigen Ball auf krumme Holzpfosten zielten. Fußball-Übertragungen ihrer Nationalmannschaft, der "Black Stars", kannten die Dorfbewohner nur aus Erzählungen. Der Ort, nur über eine vom Lochfraß zersetzte Sandpiste zu erreichen, besaß weder Elektrizität noch Fernseher.

Mittlerweile wissen die 6900 Einwohner, wie Public Viewing eigentlich funktioniert. Und dieser Erkenntnisgewinn hat Hamburger Wurzeln: Mit hanseatischer Hilfe sehen die Dorfbewohner erstmals in Echtzeit, wie ihre Nationalelf zur Hochform aufläuft. Rechtzeitig zum WM-Turnier brachte die 2007 in Hamburg gegründete Stiftung World Future Council (Weltzukunftsrat) in Kooperation mit Energiebau Sunergy Ghana zehn Solarmodule in die Ortschaft - und mit der Sonnenenergie hielten Elektrizität, Public Viewing und ein Stück mehr Lebensqualität Einzug.

Die Annehmlichkeiten, die der Ortsvorsteher Alex Ahwireng mit den Worten "Was für ein Glück für unser Dorf!" beschreibt, enden allerdings nicht beim Fußballschauen. Insbesondere das Krankenhaus, in dem Ärzte bislang im Schein von Öllampen praktizierten, profitiert von der neu gewonnenen energetischen Unabhängigkeit. Medikamente können jetzt in einem Kühlschrank gelagert werden, Entbindungen auch nachts stattfinden. Selbst für den Dorftratsch bedeutet der neue, saubere Strom einen enormen Gewinn. Die Mobiltelefone - in Oboadaka reichlich vorhanden - müssen nun nicht mehr wöchentlich gesammelt und in die nächstgrößere Ortschaft zum Aufladen gebracht werden. Sie können direkt in die Ökostrom-Steckdose.

Akut sind die Bewohner wegen der WM-Berichterstattung aus dem Häuschen. In der örtlichen Schule wurde die Public-Viewing-Area errichtet, weshalb das Dorf, eine Autostunde von der Hauptstadt Accra entfernt, Anlaufpunkt für sämtliche Nachbargemeinden geworden ist. Mit großer Begeisterung verfolgten Hunderte Menschen den 1:0-Auftaktsieg gegen Serbien, das 1:1 gegen Australien wurde ebenfalls wie ein Sieg gefeiert. Und wenn es morgen gegen die Deutschen geht, wird die Schule wieder aus allen Nähten platzen.

Die umweltpolitische Dimension für das Dorf, für Ghana, für ganz Afrika rückt in solchen Momenten in den Hintergrund. Sie ist aber zentraler Bestandteil des in Hamburg ansässigen Weltzukunftsrats, wie deren Gründer Jakob von Uexküll sagt: "Wir wollen zeigen, dass Solarstrom zuverlässig ist - und einfach dezentral installiert werden kann." 80 Prozent der afrikanischen Energie speise sich aus Holz und Holzkohle, was ein ernstes Entwicklungshindernis sei.

Wie treffend, dass sich internationale Entscheidungsträger gerade jetzt zur "African Renewable Energy Alliance" in Ghana treffen, um über den "Power Kick for Africa" mittels erneuerbarer Energien zu reden. Und wie treffend, dass nicht nur geredet wird, sondern dass die Forumsteilnehmer morgen ganz praxisnah zum Deutschlandspiel nach Oboadaka eingeladen sind - jenem Ort, der in mancher Hinsicht Afrikas Hoffnung spiegelt. Dort, wo Ghana langfristig mit deutschem Know-how energetisch gewinnt, schmerzt eine fußballerische Niederlage gegen die Aufbauhelfer vielleicht nicht ganz so sehr.