Die Hebamme Marion Proske-Werrmann berichtet über ihre anstrengende, aber wunderschöne Arbeit

Von allen medizinischen Berufen ist Hebamme der positivste. Leben ist etwas Schönes, und darum dreht sich unser Beruf: um neues Leben. 25 Jahre bin ich Hebamme, davon zwölf Jahre in der Klinik. Mittlerweile mache ich freiberuflich Schwangerschaftsvorsorge und Wochenbettpflege. Ich berate die werdenden Mütter bei allen Fragen zur Schwangerschaft, und nach der Geburt überwache ich die Rückbildung, Wundheilungsprozesse und das Gedeihen des Babys. Außerdem unterstützte ich die Familie dabei, eine gute Bindung zueinander aufzubauen.

Vor einer Entbindung gibt es eine Sache, die ich jeder Frau ganz deutlich erkläre: Eine Geburt kann dauern. Lange dauern. Und das ist vollkommen normal. Eine werdende Mutter sollte Geduld haben und Vertrauen in die Natur. Der weibliche Körper ist zum Gebären gemacht. Manchmal ärgert es mich, dass sich in den Kliniken alles darum dreht, die Geburt möglichst schnell durchzuziehen. Sobald die Wehen aussetzen, werden Wehenmittel gegeben. Manchmal brauchen Mutter und Kind auch eine Pause, vor allem bevor die Presswehen einsetzen.

Eine häufige Frage lautet: Soll der Vater mit dabei sein? Ich finde schon, vorausgesetzt, die Mutter wünscht es. Wegen des Personalmangels kümmert sich im Kreißsaal eine Hebamme oft um mehrere Geburten. Da ist es schön, noch jemand Vertrautes an seiner Seite zu wissen. Ich persönlich denke, dass Frauen bei einer Hausgeburt eine bessere Betreuung bekommen. Trotzdem würde ich einer Frau nie sagen, dass sie ihr Kind lieber zu Hause gebären soll. Einige Frauen fühlen sich in der Klinik einfach sicherer.

Mein Rat an alle Frauen: Suchen Sie sich eine Hebamme, sobald Sie schwanger sind, weil Hebammen schnell ausgebucht sind. Ich treffe mich mit den Frauen immer zum Kennenlerngespräch, bevor sie sich entscheiden, ob ich ihre Hebamme werden soll. Das wohl lustigste Erlebnis hatte ich bei einem solchen Termin mit einer Frau, die mit ihrem zweiten Kind schwanger war. Ihr fünfjähriger Sohn machte mir die Tür auf. Ich sagte zu ihm: "Hallo, ich bin die Hebamme." Darauf antwortete der Knirps: "Hebammen sind dick und alt", und knallte die Tür zu.

Es gibt natürlich auch schreckliche Erlebnisse. Behinderungen und Totgeburten sind schwer zu verkraften. Meine dunkelste Stunde war, als eine Frau beim Kaiserschnitt an einer Embolie gestorben ist. Statistisch gesehen habe ich jedoch Glück gehabt und verhältnismäßig wenig Trauriges erlebt.

Meiner Meinung nach werden wir Hebammen viel zu schlecht bezahlt, besonders wenn man bedenkt, welch enorme Verantwortung wir tragen. Dennoch liebe ich meinen Beruf. Es freut mich beispielsweise sehr, wenn ich von Familien gefragt werde, auch noch beim dritten oder vierten Kind dabei zu sein. Und neulich hat mich eine Frau gefragt, ob ich ihre Hebamme werden möchte, bei deren Geburt ich selbst die Hebamme war. Das nennt man wohl Kreislauf des Lebens.