So viele Menschen waren lange nicht mehr auf den Straßen. 850 000 Zuschauer machten bei strahlendem Sonnenschein den Hamburg Marathon zu einem Volksfest. 30 000 Besucher genossen in einer recht milden Frühlingsnacht die Lange Nacht der Museen als Kultur-Spektakel. Und 120 000 Demonstranten bei einer Menschenkette gegen Atomkraftwerke zeigten eindrucksvoll, dass eine totgesagte Bewegung lebt.
Der Protest der 120 000 gegen längere Restlaufzeiten, ungeklärte Endlagerung oder sogenannte Restrisiken war eindrucksvoll. Eindrucksvoll, weil nicht nur schon leicht angegraute Veteranen einer Massenbewegung aus den 80er-Jahren die zuletzt kaum noch vernommene Losung "Atomkraft, nein danke" ausgaben, sondern auch deren Kinder oder Enkel. Eindrucksvoll aber auch, weil es ein friedlicher Protest war. Statt Straßenschlachten mit Steinen, Brandsätzen und Schlagstöcken ging's heiter und Mut machend zu, ganz passend zum Wetter am Wochenende. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit der von ihr favorisierten Renaissance der Atomkraft möglicherweise eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Aber egal, wie man zu dieser Technologie steht: Es tut gut zu sehen, dass sich Menschen auf den Weg machen, um friedlich für ihre Ideale zu kämpfen. Dass Männer und Frauen, die längst im Rentenalter angekommen sind, das Motto "nach mir die Sintflut" nicht zulassen, sondern ihren Überzeugungen treu geblieben sind, und dass sich Junge einmischen und Politik gestalten wollen.
Insofern war's ein Wochenende der Superlative.