Der neue arabische Inhaber soll Militäraufträge an Land ziehen. Im Sommer droht weitere Kurzarbeit bei der Traditionswerft.

Hamburg. Kurz vor 14 Uhr traten sieben Aufsichtsräte der Werftenholding ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) gestern vor das Haupttor von Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss, um die Botschaft zu überbringen: Das Geschäft ist perfekt. Mehrheitlich hat der TKMS-Aufsichtsrat dem Verkauf des Großteils von Blohm + Voss an Abu Dhabi Mar (ADM) zugestimmt, auch der Überwasserschiffbau bei HDW in Kiel mit 180 Beschäftigten sowie eine Beteiligung an Blohm + Voss Naval, einem Systemhauses für Militärprojekte, gehören künftig zur Gruppe der Araber. "Wir begrüßen, dass es einen Retter gibt, der langfristig industrielles Interesse an den Standorten Hamburg und Kiel hat", sagte Heino Bade, der stellvertretende TKMS-Aufsichtsratschef. Er hatte die ganze Aufmerksamkeit für sich, von den Arbeitgebervertretern war niemand gekommen. Immerhin bestätigte eine TKMS-Sprecherin die Entscheidung des Aufsichtsrates. Die Kaufverträge sollen in den nächsten Tagen unterzeichnet werden.

Klar ist: Auch nach dem Verkauf sind zunächst alle 1500 Arbeitsplätze im Neubau, bei der Reparatur und im Maschinenbau bei Blohm + Voss, die 500 beim Systemhaus Blohm + Voss Naval und die Jobs in Kiel sicher.



Für Hamburg sind betriebsbedingte Kündigungen bis zur Vollauslastung der Belegschaft beim Bau der ersten Fregatte für die Deutsche Marine - bis zur zweiten Hälfte 2011 - ausgeschlossen. Darauf haben sich ADM und die Betriebsräte in der Steinwerder Erklärung geeinigt. "Für Kiel wird die Frist noch ausgehandelt. Wir haben aber die Zusage, dass wir Spezialschiffe etwa für Offshore-Förderinseln bauen sollen", sagte Ernst-August Kiel, der HDW-Betriebsratsvorsitzende. ADM wird bei Naval zu 50 Prozent beteiligt sein. Reparatur und Maschinenbau von Blohm + Voss gehen zu 80, die Werft nun sogar zu 100 Prozent an ADM.

"Wichtig ist, dass der neue Anteilseigner sein Engagement nun durch neue Aufträge im zivilen und im militärischen Bereich unter Beweis stellt", sagte Jutta Blankau, die Bezirksleiterin Küste der IG Metall. Neue Beschäftigung tut not. Denn nach der Fertigstellung der Großyachten "Eclipse" und "Orca" in den nächsten Wochen beginnt der Neubau der ersten Fregatte erst im April 2011. "Wenn in der Zwischenzeit nichts Neues hereinkommt oder in der Reparatur viel zu tun ist, wird die Kurzarbeit vom Sommer an deutlich steigen", ist der stellvertretende Blohm+Voss-Betriebsratsvorsitzende Michael Ehlert sicher. Derzeit sind 57 Mitarbeiter betroffen, im April könnten es 70 sein.

Gerade die Araber sollen Blohm + Voss aber helfen, nach elf Jahren wieder neue Militärexportaufträge hereinzuholen. 2007 gegründet, hatte ADM im Juli 2009 mit der Rendsburger Nobiskrug-Werft nach Cherbourg eine zweite Werft übernommen. Schon zuvor hatte Mehrheitseigner Scheich Hamdan bin Zayed Al Nahyan Kontakte nach Deutschland gesucht. Vor allem seitdem er im Oktober 2003 stellvertretender Ministerpräsident der Vereinigten Arabischen Emirate wurde, bemühte er sich um Partnerschaften. 2008 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. "Auch Iskandar Safa, Geschäftsführer und Partner bei ADM, hat uns versichert, dass er die deutschen Mannschaften für seine Projekte braucht", so Bade.

Dass die Araber nun sogar deutsches Industrie-Know-how im Rüstungsbereich kaufen, wertet er dabei als eine völlig neue Situation. "Wir hätten uns darüber eine intensivere Diskussion mit der Politik gewünscht." Dafür hatte die IG Metall Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sogar einen Brief geschickt. Die Antwort der Kanzlerin blieb aus.