Jakov Friedman ist Maschgiach: Er kontrolliert in Hamburg, was koscher ist und was nicht. Die jüdischen Speiseregeln sind vielfältig und streng.
Hamburg. Wenn Blut die Milch rot färbt, dann muss Jakov Friedman einschreiten. Stundenlang ist er unterwegs zwischen den Kühen im Melkstall oder am Fenster seines Beobachtungszimmers ganz oben im Dachgiebel. Jakov Friedman ist Maschgiach: Er kontrolliert in Hamburg, was koscher ist und was nicht. Und Bauer Hans-Hinrich Kruse hat mittlerweile fast das Monopol auf koschere Frischmilch, Käse, Quark, Joghurt, und darauf sind sie stolz: Feta aus Ziegenmilch. Wenn ein Euter verletzt ist und Blut die Milch verunreinigt, dann ist sie nicht mehr koscher.
Die jüdischen Speiseregeln sind vielfältig und streng. Sie verbieten nicht nur Blut in den Speisen. Fleisch- und Milchprodukte dürfen nicht zusammen gegessen werden, niemals in Berührung kommen - deshalb kommt das Lab für den Käse nicht aus einem Kälbermagen, sondern aus dem Reagenzglas. Die gesamte Produktion zu überwachen ist Aufgabe des Maschgiachs.
Bis vor zwei Jahren gab es keinen koscheren Feta in Hamburg, untragbar, fand Friedman. Er suchte lange nach einer Molkerei, die bereit war, mit ihm zu arbeiten. Einige Mitglieder der Gemeinde, darunter die Familie von Rabbiner Bistritzky, hatten bis dahin auf Frischmilch und Käse verzichten müssen. Für andere galt: Wenn es keine "Chalav Israel" zu kaufen gibt, das ist Milch die unter der Aufsicht eines Juden hergestellt wurde, dann kann ein Gläubiger auch zur normalen Milch im Supermarkt greifen. Doch jetzt gibt's die koschere Milch - und jetzt müssen die Juden sie auch trinken.
Um drei Uhr in der Nacht hat Bauer Kruse angefangen, seine Kühe zu melken. Maschgiach Friedman war 15 Minuten zu spät, anderthalb Stunden ist er durch die Winternacht geradelt. Rabbiner Bistritzky wacht auf, sein Telefon klingelt: "Ich bin zu spät, Kruse melkt schon. Kann ich die Milch trotzdem abnehmen?", fragt Friedman. "Kannst du, schließlich hätte Kruse jede Sekunde damit rechnen müssen, dass du kommst", gibt der Rabbiner zurück.
Bisher haben Friedman und die Rabbiner ohne Bezahlung in Kruses Stall gearbeitet. Jetzt wollen sie expandieren: Hannover, Köln, Frankfurt, Berlin, Potsdam, Dresden, Bayern; irgendwann vielleicht Stockholm und Paris - das Netzwerk der Rabbiner hilft, die Milch in koschere Läden zu bringen. Dafür kommt jetzt ein Maschgiach aus der Ukraine zur Unterstützung, und "der steht dann auf meiner Gehaltsliste", sagt Bauer Kruse.