Bürger sichern sich aus Angst vor Konflikten immer öfter gegen hohe Prozesskosten ab. Worauf man bei den Verträgen achten sollte.

Hamburg. Die Krise erreicht den Arbeitsmarkt. Nach dem Auslaufen der Kurzarbeit drohen verstärkt Kündigungen. Schon jetzt haben die Anwälte deshalb gut zu tun. Das spürt auch Europas größter Rechtsschutzversicherer D.A.S. "Allein die Fälle im Berufsbereich sind im vergangenen Jahr um 13 Prozent gestiegen", sagt Claudia Wagner, Sprecherin der Versicherung: "Neben Kündigungsschutzklagen ging es vor allem um Kurzarbeit."

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Damit rollt auf die Versicherer eine Kostenlawine zu. Mehr als 500 Millionen Euro zahlte die Branche im vergangenen Jahr nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) für Anwalts- und Gerichtskosten ihrer Versicherten. Das ist ein Plus von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Prozesswelle, da sind sich alle Experten einig, wird in diesem Jahr noch größer. Viele überlegen angesichts des raueren Klimas am Arbeitsmarkt, sich jetzt gegen mögliche Auseinandersetzungen mit ihrem Arbeitgeber zu wappnen. Denn wer sich gegen einen Rausschmiss wehren will, muss vor den Arbeitsgerichten in der ersten Instanz seine Gerichts- und Anwaltskosten selbst tragen - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens.

Schon jetzt kostet jeder fünfte Arbeitsrechtsschutzfall laut GDV mehr als 2000 Euro. "Der Bedarf ist da, aber wir spüren nur eine leichte Zunahme des Neugeschäfts", sagt Wagner weiter. "Gerade in Krisenzeiten ist das bei vielen Haushalten eine Kostenfrage."

Eine Rechtsschutzversicherung gehört nicht zu den preiswertesten Policen. "Erst sollten existenzielle Risiken abgesichert werden", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dazu zählt neben der Kranken- und der Haftpflicht- die Berufsunfähigkeitsversicherung. Bis zu 160 Euro im Jahr muss eine Familie bei den zehn günstigsten Anbietern für eine Kombination aus Privat- und Berufsrechtsschutz bezahlen (siehe Tabelle). Minderjährige Kinder sind mit eingeschlossen. "Bei den meisten Anbietern sind auch volljährige Kinder so lange mitversichert, bis sie selbst verdienen, auch, wenn sie nicht mehr zu Hause wohnen", sagt Daniel Friedheim vom unabhängigen Vergleichsportal Check24.

Singles bekommen diesen Schutz fünf bis 15 Prozent günstiger. Während die Versicherer in anderen Bereichen wie dem Privatrechtsschutz viele Ausschlüsse machen, gibt es im Arbeitsrechtsschutz kaum Lücken. Dafür hat der Bundesgerichtshof gesorgt. Die Versicherer müssen nun auch für den Besuch beim Anwalt zahlen, wenn der Arbeitgeber noch gar nicht gekündigt hat, sondern erst mit einer Kündigung droht oder Gespräche über einen Aufhebungsvertrag anbietet (Az.: IV ZR 305/07). Die Police hilft, wenn es um eine unrechtmäßige Kündigung, eine fehlerhafte Gehaltseinstufung oder ein schlechtes Zeugnis geht. Allerdings müssen Verbraucher beachten, dass der Rechtsschutz erst drei bis sechs Monate nach Vertragsabschluss wirkt, der sogenannten Wartezeit. Auch nach dieser Frist können Assekuranzen die Zahlung für Konfliktfälle verweigern, die bereits vor Abschluss der Police bestanden. Die Police muss also immer älter sein als der Streitfall. "Das Risiko Beruf ist meist nicht alleine versicherbar, sondern immer nur im Paket, beispielsweise mit einer Privatrechtsschutzversicherung", sagt Friedheim. "Damit reduzieren die Versicherungen ihr Risiko und erhöhen gleichzeitig die Prämienzahlungen."

Rund 70 Euro mehr kostet der Rechtsschutz, wenn auch Streitigkeiten aus dem Verkehrsbereich abgesichert werden sollen. Ein solcher Zusatzbaustein eignet sich vor allem für Vielfahrer. Wer etwa nach einem Unfall 20 000 Euro Schmerzensgeld einklagen will und unterliegt, bleibt ohne Rechtsschutz schnell auf Anwalts- und Gerichtskosten von 5000 Euro oder mehr sitzen. Wenn ein Führerscheinentzug droht, deckt die Police die Auseinandersetzung mit der zuständigen Behörde ab. Beim Streit um Halte- oder Parkverbotsverstöße streiken allerdings die meisten Versicherer. Wer nur auf Verkehrsrechtsschutz wert legt, bekommt ihn als Familie wie auch als Single als Einzelpolice für 50 bis 55 Euro im Jahr. Günstige Anbieter sind Deurag, DEVK Allgemeine und Bayerische Beamten Versicherung.

Mietstreitigkeiten stehen an der Spitze der Gerichtsstatistik. 50 Euro zusätzlich müssen im Schnitt dafür aufgewendet werden, um sich für diese Streitigkeiten abzusichern. Unterstützung gibt es dann beim Streit um Kaution oder Schönheitsreparaturen. Wohnungseigentümern hilft die Police nur in ihrer selbst genutzten Wohnung im Streit mit dem Nachbarn. Als Einzelpolice ist der Mietrechtsschutz deutlich teurer. Eine Alternative ist die Mitgliedschaft im Mieterverein (s. Kasten).

Trotz Rechtsschutzversicherung bleiben viele Risiken unabgedeckt. Denn es gibt kaum eine Sparte, die so viele Ausschlüsse hat, wie die Rechtsschutzversicherung. Stets ausgeschlossen ist etwa der Streit um den Hausbau. Aber auch bei Scheidungen, Unterhalts- oder Erbstreitigkeiten winken fast alle Rechtsschutzversicherer ab, sobald es vor Gericht geht. Viele Anbieter haben auch den Schutz in Geldanlagestreitigkeiten mit der Bank gestrichen oder stark beschränkt. Im Streit mit Behörden zahlen die meisten Gesellschaften erst, wenn der Fall vor Gericht ausgetragen wird und nicht schon im Widerspruchsverfahren. Zudem sollte man nicht voreilig einen Anwalt beauftragen, um nicht auf den Kosten sitzenzubleiben. "Am besten den Anwalt vorher bitten, eine Deckungszusage der Versicherung einzuholen", rät Friedheim.

Zum Ausgleich bieten fast alle Versicherer inzwischen telefonischen Rechtsrat, der meist auch nichts extra kostet, auch nicht die Selbstbeteiligung.