Der Sonderflugplan funktioniert nicht wie geplant, viele stranden am Flughafen Hamburg. Die Lufthansa geht jetzt vor Gericht.

Hamburg. Streik bei der Lufthansa - der Flughafen Hamburg wurde hart getroffen. Die meisten Passagiere kamen gar nicht erst, doch andere strandeten am Flughafen. Sie hatten auf den Sonderflugplan gesetzt. Doch von 23 angekündigten Flügen mussten acht bei Lufthansa, Lufthanca CityLine und Eurowings gestrichen werden, größtenteils innerdeutsche Verbindungen. Die Crew erschien nicht zum Dienst. Viele Passagiere versuchten verzweifelt, einen anderen Flug zu bekomen, an den Schaltern bildeten sich am Vormittag lange Schlangen.



Heiko Lenzing (46), IT-Fachmann aus Barmbek-Süd, hatte einen Flug um 7.40 Uhr nach London gebucht und sich bereits am Sonnabend über die Notfallflugpläne informiert. Kurzfristig fiel sein Flug dann doch aus, er wartete stundenlang am Schalter und verpasste dadurch Alternativ-Flüge bei anderen Airlines. "Grundsätzlich finde ich den Streik der Piloten in Ordnung", sagt er. Ich ärgere mich allerdings sehr über die Notfallpläne der Lufthansa, da diese offenbar nicht funktionieren.“ Ähnlich ging es Grafiker Mike Reschke (42). Er erzählt: „Der Flug sollte laut Notfallplan auf jeden Fall gehen. Erst am Gate hat man uns mitgeteilt, dass der Flug gestrichen ist. Am Umbuchungsschalter hieß es, es gebe keine Ersatzflüge. Da habe ich mich selbst bei Air Berlin schlau gemacht. Und sofort einen Flug bekommen. Das ist doch vorsätzliche Verarschung. Ich sag nur: „Nie wieder Lufthansa.“

Diese Rechte haben Passagiere:

"Die Situation ist ärgerlich", gibt Bernd Habbel, Pressesprecher Hamburg der Lufthansa, zu. "Schließlich haben die Passagiere sich auf den Sonderflugplan verlassen." Er rechnet aber damit, dass sich die Lage morgen entspannt. "Heute sind wir davon ausgegangen, dass die geplanten Flüge noch abgewickelt werden konnten. Der Flugplan für morgen wird permanent aktualisiert." Im Moment sind für Dienstag noch etwa 40 Starts von Hamburg geplant.

Die Vereinigung Cockpit (VC) hat gut 4000 Piloten aufgerufen, für vier Tage ihre Arbeit ruhen zu lassen. Die Gespräche zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern waren gescheitert, auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) konnte nicht mehr vermitteln. Der Lufthansa droht jetzt der größte Streik ihrer Geschichte. Etwa 800 Flüge fallen bundesweit aus.

Die Parteien streiten sich vor allem um die Tarife im Ausland. Die Lufthansa will das deutsche Tarifrecht nicht bei den ausländischen Unternehmensteilen einführen. Die Gewerkschaft aber fordert genaus das: Sie befürchtet, dass Flüge an biligere Lufthansa-Töchter vergeben und die hochbezahlten deutschen Piloten nach und nach entlassen werden könnten.

Lufthansa will Streik per Gerichtsbeschluss beenden

Jetzt geht die Lufthansa gerichtlich gegen den Streik der Piloten vor. Beim Arbeitsgericht Frankfurt sei ein Antrag auf eine einstweilige Verfügung eingereicht worden, sagte Lufthansa- Sprecher Andreas Bartels. Der Streik sei unverhältnismäßig. Lufthansa sei verpflichtet, Schaden von Unternehmen, Mitarbeitern und Aktionären abzuwenden.

Bereits am späten Montagnachmittag wird das Arbeitsgericht Frankfurt über den Antrag der Lufthansa verhandeln. Um 17.30 Uhr sollen die Fluggesellschaft und die Vereinigung Cockpit angehört werden, wie Gerichtssprecher Frank Woitaschek sagte. Mit einer Entscheidung sei voraussichtlich noch am selben Tag zu rechnen.

Zuvor hatte die Pilotengewerkschaft Cockpit mit weiteren Arbeitskampfmaßnahmen gedroht. Der Sprecher der Vereinigung Cockpit, Alexander Gerhard-Madjidi, sagte am Morgen im Bayerischen Rundfunk: „Die vier Tage reichen offensichtlich noch nicht aus, um die Lufthansa in Bewegung zu versetzen, sich mit uns am Verhandlungstisch zu einigen.“

Er fügte den Angaben zufolge hinzu: „Wir werden natürlich die Eskalation nach diesen vier Tagen nicht beenden, das heißt, wir werden natürlich weitere Streikmaßnahmen vorbereiten und die werden dann auch in der Länge und Dauer entsprechend ausgeweitet.“ Dennoch sei die Gewerkschaft offen für weitere Gespräche mit der Lufthansa. Aus diesem Grund sei der Streik auch so frühzeitig angekündigt worden.

Mittlerweile drohen auch die Flugbegleiter der Lufthansa mit Streik. Wenn sich das Unternehmen weiterhin weigere, mit dem Kabinenpersonal über Tarifverhandlungen zu sprechen, „muss möglicherweise schon in den kommenden Wochen mit Warnstreiks“ gerechnet werden, erklärte die Unabhängigen Flugbegleiter Organisation UFO am Montag. „Wir fühlen uns vergessen und vernachlässigt“, sagte ein UFO-Sprecher. Er hoffe aber, noch in dieser Woche endlich von der Lufthansa zu hören.

Vor sechs Wochen, mit Schreiben vom 6. Januar, habe man die Lufthansa zu Tarifverhandlungen über den am kommenden Sonntag auslaufenden Tarifvertrag für insgesamt 16.000 Flugbegleiter aufgefordert. Am 15. Januar habe man in einer E-Mail ein Forderungspaket übermittelt und erneut um Gespräche gebeten. „Alles ohne Antwort, was nicht allein daran liegen kann, dass man mit Cockpit überfordert ist“, meinte der Sprecher.

"Piloten gefährden Wirtschaftsaufschwung"

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, kritisierte den Ausstand scharf. Er äußerte sich in der „Berliner Zeitung“ vor allem besorgt über die Folgen für den Frachtverkehr. Viele Firmen hätten die Sorge, dass der Streik die notwendige Ersatzteillogistik für deutsche Maschinen und Anlagen lahmlegen könnte.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs, CDU, erklärte im Südwestrundfunk, die Piloten gefährdeten durch ihren Streik den Wirtschaftsaufschwung. Die Politik sehe das mit Sorge. Außerdem habe er kein Verständnis dafür, dass die Piloten mehr als sechs Prozent mehr Gehalt forderten. Sie verdienten mindestens 6000 Euro im Monat, viele sogar mehr als 10.000.

Zu den Gehaltsvorstellungen sagte Cockpit-Sprecher Gerhard-Madjidi im ZDF-Morgenmagazin: „Die Forderung nach 6,4 Prozent Gehalt kam als Reaktion auf das beste Ergebnis der Lufthansageschichte in 2008, als Lufthansa mehr verdient hat als die Wettbewerber zwei, drei und vier zusammen genommen.“

Wegen der Krise sei man aber bereit gewesen, anstelle einer Lohnerhöhung eine Nullrunde zu akzeptieren. Bedingung sei allerdings, dass bestehende Verträge eingehalten werden. Darin sei festgelegt, dass Lufthansaunternehmen im Ausland mit deutschen Piloten fliegen. Aber genau daran halte sich das Unternehmen nicht.

Betroffene Passagiere können sich unter www.hamburg-airport.de über den aktuellen Sonderfahrplan informieren.