In der Hansestadt können Pflegebedürftige und ihre Angehörigen seit kurzem die ersten Noten für Pflegeheime einsehen.

Hamburg. Die Bewertungen für 18 der insgesamt 150 Einrichtungen kann man im Internet abfragen (www.pflegelotse.de und www.aok-pflegeheimnavigator.de z. B.). Dabei liegen 14 Häuser unter dem Bundesmittel von 2,2. Am besten schnitt mit einer Gesamtbewertung von 1,5 das private Seniorenpflegeheim Burgwedel in Schnelsen ab, am schlechtesten das Tabea in Lurup mit 4,0. Die Einrichtung des Diakoniewerks Tabea erhielt im Bereich „Pflege und medizinische Versorgung“ sogar ein „mangelhaft“ (4,6).

Die Tabea- Leitung war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. In diesem wie auch in allen anderen Fällen gaben die Bewohner ihren Einrichtungen deutlich bessere Bewertungen. Der bundesweite Pflege-TÜV, der seit vergangenem Jahr per Gesetz verankert ist und für „mehr Transparenz und Qualität in der Pflege“ sorgen soll, ist nicht unumstritten. Schon jetzt wehren sich zahlreiche Heime im Norden gegen die Veröffentlichung der Noten (Eins bis Fünf). So vertritt der Hamburger Rechtsanwalt Ronald Richter derzeit 25 Einrichtungen, drei davon aus Hamburg. „Es geht darum, die Frist zu verlängern, bis alle offenen Punkte geklärt sind“, sagte Richter dem Abendblatt. Für einige Häuser konnte er bereits einen Aufschub erreichen, um Unterlagen nachzureichen.

Dabei berät der Jurist keineswegs nur schlecht bewertete Heime, sondern auch solche, die mit Teilnoten nicht einverstanden sind. Insgesamt, so die Einschätzung des Experten, sei das Bewertungssystem ein „wichtiger erster Schritt“. „Aber es wäre besser gewesen, wenn man sich Zeit zur Erprobung des Verfahrens genommen hätte.“ Seit Juli sind Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) in ganz Deutschland unterwegs. Bislang wurden 3000 von mehr als 12 000 Heimen geprüft. Die Experten vergeben für jede Einrichtung 64 Teilnoten in vier Bereichen: „Pflege und medizinische Versorgung“, „Umgang mit Demenzkranken“, Soziale Betreuung“ und „Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene“. Die Einrichtungen haben 28 Tage Zeit, sich zu den Bewertungen zu äußern.

Bislang wurden bundesweit nach Angaben der AOK Rheinland/Hamburg 132 Noten veröffentlicht. Die Aktualisierung erfolgt immer montags. In Schleswig-Holstein stehen derzeit die Kontrollberichte von etwa 20 der insgesamt 650 Einrichtungen im Netz. Nach Angaben des Landesverbandes der Ersatzkassen (vdek) liegen die Ergebnisse im Bundesvergleich im untersten Bereich. Neun der 140 geprüften Heime bekamen die Note „mangelhaft“ (das Abendblatt berichtete). In Niedersachsen wurden bislang acht von 1500 Heimen benotet. Anfang November war eine sogenannte bundesweite Daten-Clearing-Stelle eingerichtet worden. Bis Ende 2010 sollen alle Einrichtungen inklusive der ambulanten Pflegedienste geprüft und bis Mitte 2011 im Netz abrufbar sein.

Die Sozialbehörde wollte sich gestern nicht zu den ersten Noten für Hamburger Pflegeheime äußern. „Wir beziehen erst Stellung, wenn mehr Ergebnisse vorliegen“, sagte Sprecherin Jasmin Eisenhut. Sie erwies zudem auf das gerade beschlossene Heimgesetz, mit dem Hamburg eine zusätzliche Qualitätsprüfung durch die Heimaufsicht anstrebt. „Dafür entwickeln wir eigene Kriterien“, so Eisenhut. Als erste Hamburger Pflegeeinrichtung war die Note für das Pflegeheim Lupine des Arbeiter-Samariter- Bundes in Lurup einsehbar. Das Gesamturteil lautete 2,9. Im Umgang mit Demenzkranken reichte es nur für ein „ausreichend“. „Die Bewertung ist hilfreich, aber in einigen Punkten sind wir nicht einverstanden“, sagte Leiter Thorsten Kerth. „Es geht zu viel um Papierkram, die Zufriedenheit der Bewohner interessiert zu wenig.“ Er hat eine Nachprüfung beantragt.