Der Überfall auf die Polizeiwache an der Lerchenstraße (St. Pauli) reiht sich ein in eine lange Serie von Übergriffen auf Polizeibeamte. Seit zehn Jahren steigt die Zahl derartiger Delikte stetig an. Allein im vergangenen Jahr wurden 1153 Fälle in Hamburg gezählt. Das sind 7,7 Prozent mehr als im Jahr zuvor und gut 40 Prozent mehr als noch 1999.
Gerade bei Anschlägen von Autonomen ist die Hemmschwelle, Polizisten zu verletzen, niedriger als in Bezug auf andere Personen. Während sie etwa bei Wirtschaftsgrößen lediglich Autos oder Fensterscheiben zerstören, müssen Beamte nicht selten um ihr Leben fürchten. Wie berichtet, haben die Angreifer vom vergangenen Donnerstag faustgroße Steine auf ungeschützte Beamte geworfen.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft haben die Täter dabei den Tod von Menschen billigend in Kauf genommen. Auch bei den Ausschreitungen nach dem Schanzenfest im September warfen Autonome mit Steinen. Bei dem Protest gegen eine NPD-Kundgebung zwei Tage zuvor wurden Polizisten in einem Streifenwagen mit einer Gehwegplatte angegriffen. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes sind Polizisten für die Angreifer Repräsentanten des ihrer Meinung nach "repressiven Staates", die "Aktion" sei deshalb zu rechtfertigen.
Doch auch bei einfachen Einsätzen sehen Polizisten sich immer häufiger und immer heftigeren Angriffen ausgesetzt. "Wenn früher Beamte bei Festnahmen mal weggedrückt oder geschubst worden sind, so sehen sie sich heute Schlägen mit Flaschen ausgesetzt", sagt Joachim Lenders, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Aber auch die Zahl der niedrigschwelligeren Widerstände steigt, sagt Uwe Koßel von der Gewerkschaft der Polizei. "Die Kollegen berichten, dass sie beschimpft und bespuckt werden. Oft heben die Richter dann nur den Zeigefinger." Viele Polizisten würden derartige Angriffe schon gar nicht mehr anzeigen.
"Es sind bestimmte junge Erwachsene, die unter Alkoholeinfluss Beamte angreifen", sagt Polizeisprecher Ralf Meyer. "Der Respekt schwindet. Um sich diesen zu verschaffen, müssen heute bei einigen Einsätzen mehr als zwei Beamte vor Ort sein." SPD-Innenxeperte Andreas Dressel will Schwere und Hintergründe derartiger Gewalttaten nun mit einer Großen Anfrage an den Senat klären lassen.