Für die brutale Attacke auf kranke Senioren verhängte die Richterin eine empfindliche Jugendstrafe.
Hamburg. Seine Opfer waren schwer kranke, gebrechliche Senioren: Wegen mehrerer brutaler Attacken auf die Bewohner eines Hamburger Altenheims hat das Amtsgericht einen 19-Jährigen zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Bei einer nächtlichen Einbruchstour hatte der unter Alkohol und Drogeneinfluss stehende Jugendliche drei Rentner zusammengeschlagen und teils beraubt, als sie wegen des vom ihm verursachten Lärms ihre Zimmertüren öffneten.
Die Vorsitzende Richterin zeigte sich bei der Urteilsbegründung am Freitag sichtlich bewegt und fassungslos. Sie sprach von einer Tat mit "Ausnahmecharakter". Der Angeklagte trage ein "unglaubliches Aggressionspotenzial" in sich und habe schwerstes Leid über seine Opfer gebracht. Eine empfindliche, langjährige Jugendstrafe sei die einzig mögliche Konsequenz. Zudem bestehe nach Ansicht des Gerichts sonst die Gefahr, dass sich derartige Taten eventuell wiederholten.
Mit dem Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung, räuberischer Erpressung und anderer Delikte folgten die Richter dem Antrag der Staatsanwältin, die sich in ihrem Plädoyer ebenfalls entsetzt über die Taten des vor Gericht höflich und reuig auftretenden 19-Jährigen geäußert hatte. Er habe ohne Zögern auf eine zerbrechliche, nur 1,55 Meter große 74-Jährige, einen 72 Jahre alten schwer kranken Mann mit Gehwagen sowie dessen drei Jahre jüngere nicht minder hilflose Frau eingeschlagen. Damit habe er sich aus purem Eigennutz über sämtliche Hemmschwellen hinweggesetzt, "die man hat und haben sollte", sagte die Anklägerin: "Ich kenne viele grausame Taten, die Jugendliche begangen haben. Aber es gibt immer wieder Taten, die herausragen."
Der 19-Jährige, dem bei der Urteilsverkündung wie zuvor schon bei den Plädoyers die Tränen in die Augen schossen, hatte in dem Prozess wiederholt sein tiefes Bedauern ausgedrückt und erklärt, er könne sich seine Taten bis heute nicht erklären. Er würde "alles geben", um sie rückgängig zu machen, sagte der ehemalige Förderschüler mit den glatten schwarzen Haaren, der vor einigen Monaten Vater geworden war, in seinem Schlusswort. Sein Anwalt hatte in seinem Plädoyer für eine Strafe von höchstens drei Jahren geworben, die zudem nach einer gewissen Zeit im Gefängnis zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.
Bis zuletzt hatte der Verteidiger betont, sein Mandant könne trotz gegenteiliger Einschätzungen eines Gutachters bei der Tat womöglich schuldunfähig gewesen sein. Der 19-Jährige sei in jener Nacht, als er in das Altenheim ging, offenbar nicht in der Lage gewesen, sein Verhalten vernünftig zu kontrollieren. Die Darstellung der Anklage, er habe im Rahmen einer bewusst geplanten Diebestour gewissermaßen kalkuliert und skrupellos gehandelt, halte er daher für falsch. Das Verhalten des Angeklagten habe eher den "Charakter eines Ausrasters".
Der 19-Jährige hatte im Prozess gestanden, im Juli nach einer Feier mit Freunden mitten in der Nacht unter Alkohol- und Drogeneinfluss durch den Hamburger Stadtteil Osdorf gezogen und zunächst erfolglos in ein Einkaufszentrum und zwei geparkte Autos eingebrochen zu sein. Nach der Trennung von seinen Kumpels sei er dann allein durch eine offene Eingangstür in das nahe gelegene, ihm bekannte Altenheim gegangen, um dort etwas zu stehlen.
Nachdem er den Empfangstresen durchsucht hatte, ging er in den dritten Stock, wo er lautstark gegen Türen hämmerte und trat. Als die drei Senioren öffneten, griff er sie nacheinander an, schlug sie ohne Vorwarnung nieder und verletzte sie. Die 74-Jährige zwang er unter Todesdrohungen, ihm 70 Euro auszuhändigen. Nachdem er sich auf der Flucht noch eine Rangelei mit einem weiteren Bewohner geliefert hatte, nahmen ihn Polizisten ganz in der Nähe des Seniorenheim fest.